Mann, ist das wieder kalt geworden. Und regnerisch. So hatte ich mir meine letzten Tage in Kyōto nicht vorgestellt. Aber, nörgeln macht das Wetter auch nicht besser. Ignorieren leider auch nicht.
Letzteres musste ich schmerzhaft feststellen, als ich mich am Valentinstag aufmachte, um ein köstliches chinesisches Essen zu genießen. Jin hatte uns alle eingeladen, und nachdem er über das ganze Semester immer wieder so leckere selbstgemachte Mittagessen hervorzaubern konnte, sind wir dieser Einladung natürlich gerne gefolgt. Wir, das umfasst meine Wenigkeit, Sarah, Lea, Chalin und Naoe. Und Lea hat sich freundlicherweise dazu bereit erklärt, ihre Küche zur Verfügung zu stellen. Ganz uneigennützig natürlich und überhaupt nicht aus dem Grund, dass ihr Fahrrad abgeschleppt wurde und sie nirgendwohin laufen wollte.
Jedenfalls konnte ich mich beim Verlassen des Hauses dafür entscheiden (A) etwa eine Stunde ohne Schirm durch den strömenden Regen zu fahren oder (B) mit dem Schirm zu laufen und möglicherweise wichtige Teile des Essens zu verpassen. Mein Magen siegt natürlich über den Verstand und so kam ich schließlich pitschnass in Leas Wohnheim an. Die Tatsache, dass es genau in dem Augenblick aufhörte zu regnen, in dem ich mein Fahrrad abstellte, kann ich nur als Murphy’s Law interpretieren. Außerdem haben die Straßen in Leas Wohnsiedlung keine Namen. Frechheit, sowas!
Das Essen wird dann aber ein voller Erfolg und wir schlagen uns mit allerlei chinesischen Köstlichkeiten den Bauch voll. Zum Nachtisch gibt es Käsekuchen und Schokolade.
Heute besuche ich mit Sarah zusammen einen Kunsthandwerksflohmarkt, der jeden 15. Tag des Monats an einem nahegelegenen Tempel abgehalten wird. Und entgegen früherer Erfahrungen mit Tempelflohmärkten, ist dieser nicht ganz zu monoton und außerdem nicht überteuert.
Ich kann mich einigermaßen zusammenreißen, bis ich an einen Stand mit Papierlampen komme. Diese sind so schön, dass ich mich nicht schnell genug entfernen kann, bis mich der Verkäufer bereits ein Gespräch verwickelt hat. Die Lieblingslampe ist schnell gefunden, aber sie ist mit 6,500 Yen weit über dem Budget, was ich mich für den heutigen Tag gesetzt habe.
Nach einiger Konversation und unserer Beteuerung, dass wir nur ganz arme Studenten wären, sinkt der Preis auf 5,500 Yen. Als ich immer noch – wenn auch mit etwas weniger Gegenwehr- den Kopf schüttele, soll ich ein Gegenangebot machen. Ich ringe, und rechne und ringe nach Luft, bevor ich mit meinem absoluten Höchstpreis für diesen Tag -4000 Yen- herausrücke.
Er sträubt sich, geht auf 5000 Yen und bedeutet, dass dies das Ende der Fahnenstange sein wird. Ich ringe wieder mit mir, komme aber schnell zu dem Ergebnis, dass 4000 Yen wirklich meine Höchstgrenze sein wird, jedenfalls für heute. Ich versuche die Situation zu retten, in dem ich nach seinem Laden frage, der doch sicher in der Gegend sei. Nein, einen Laden gäbe es nicht, er produziere diese Lampen selbst, mache das Papier selber und auch die Holzummantelung. Nach einigen weiteren Minuten fasse ich schweren Herzens die Entscheidung, weiterzugehen, und bedanke mich noch einmal mit einer Entschuldigung beim Händler.
Als dieser merkt, dass wir wirklich weiterziehen, schmeißt er die Hände in die Luft und akzeptiert meinen Preis von 4000 Yen. Ich bin völlig überrascht und stehe wenige Minuten später mit einer sicher in Luftkissenfolie eingewickelten Papierlampe auf dem Flohmarkt, während Sarah nur fragt, wo ich so feilschen gelernt hätte.
Außerdem lernen wir an einem weiteren Stand eine Japanerin kennen, die uns fragt, ob wir Deutsche sind. Im folgenden Gespräch lernen wir, dass sie im März ein paar Wochen nach Deutschland fahren will und dafür noch ein paar deutsche Vokabeln und Redewendungen lernen möchte. Sie möchte übrigens nach Hamburg. Nach einer netten Unterhaltung verabreden wir uns alle drei zum Tandem am Samstag, in einem Cafe in Shijō.
Das Essen sieht lecker aus. Die Lampen sind auch hübsch. Allerdings sehen sie auch sehr zerbrechlich aus. Gegen eine, die auf dem Basar in Ägypten feilschen gelernt hat, hatte der Japaner keine Chancen, hi, hi!
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