Dienstag, 24. April 2012

Die Irrfahrten der ベティナ gen Touristenvisum (oder: japanische Ausländergesetze die Zweite)



Ich sollte es besser wissen! Nach meiner ersten Odyssee in Kyôto (Wir erinnern uns, Illegaler Einwanderer ja oder nein), hätte ich gleich wissen müssen, dass so ein einfaches Umtauschen des Visums nicht ohne Probleme ablaufen würde. Erste Anzeichen gab es schon beim Ausknobeln der Anreise. Das Tôkyôer Immigrationsbüro ist nämlich genau hier: http://g.co/maps/3hedh

Auf der Google Karte sieht das doch noch ganz angenehm aus, oder? Bis Shinagawa mit dem Zug, und dann ein wenig auf den großen Straßen laufen, voila, da! Schon die Kommentare hätten mich stutzig machen müssen. Von Standorten Mitten im Nirgendwo, ohne Busverbindung ist da die Rede. Aber man soll ja keinem wütenden Ausländer glauben, also mache ich mich trotzdem auf den Weg.

Die Sonne scheint, was will man mehr? Raus aus dem Bahnhof, und über die Brücke bin ich noch guter Dinge. Bis meine gewählte Straße plötzlich in einer Sackgasse endet. Öhm, ok, hier ist schon mal kein Immigrationsbüro. Also auf zur nächsten großen Straße und über zwei weitere Brücken. So langsam hätte ich nichts dagegen, wenn die Sonne etwas weniger stark strahlen würde.

Plötzlich stehe ich in einem Fabrikviertel, und zwar rollen da massenweise LKWs an mir vorbei, doch wo soll denn jetzt dieses Amt sein? Endlich nach gefühlten Stunden, sehe ich verdächtige weiß-rote Flaggen am Horizont. Es blieb zu hoffen, dass die sich nicht als Fata Morgana entpuppen würden. Doch endlich kommen mir auch ein paar Ausländer entgegen. Das ist doch ein gutes Zeichen! Vor dem beflaggten Gebäude findet sich noch ein weiteres sehr interessantes Bauwerk: eine Bushaltestelle. Na gut, sehen wir es positiv, ich kann mich auf dem Rückweg nicht nochmal verlaufen.

Mit einem panischen Blick auf meine Uhr (es ist bereits 3 Uhr nachmittags!), hechte ich nach drinnen, und frage mich durch die Informationen. Zunächst geht noch alles glatt. Nachdem ich gefühlte 10 Mal dieselben Fragen (Ja, mein Studium hier ist beendet. Ja, ich will am 11. Juni das Land verlassen. Mit dem Touristenvisum reist es sich billiger.) beantwortet habe, bin ich um 3 Seiten Formulare und einen Abgabeort reicher. Diese Fragerunden plus Ausfüllen des Formulars haben mich aber bereits eine weitere Stunde gekostet, und 4 Uhr nachmittags machen in japanischen Behörden die Anmeldestellen dicht. Danach bekommt man keine Wartenummer mehr.

Ich hechte also zum Abgabeschalter und setze mein bestes hilfloser Ausländer Gesicht auf. Irgendwann (es ist bereits 4:30 Uhr) erbarmt sich dann ein Schaltermitarbeiter. Er sieht sich meine Formulare nebst Pass an, und macht ein Gesicht, das mich ganz nervös werden lässt. Es ist nie ein gutes Zeichen, wenn ein Japaner seinen Kopf schief legt. Es ist noch ein schlechteres Zeichen, wenn er dazu noch zischt. Ganz, ganz schlechtes Zeichen. Schließlich, als die Angaben meines Passes und Formulars sich auch nach mehrmaligen Drehen und Wenden nicht verändern, überbringt er mir sein Urteil.

Die japanische Behörde stelle im Moment keine Touristenvisa für länger als 30 Tage aus. Ich blinzele, frage nochmal nach, lege ebenfalls den Kopf schlief und kann mich gerade noch selbst vom Zischen abhalten. Wie jetzt? Aber es steht doch selbst auf den Botschaftsseiten, dass das Touristenvisum für 3 Monate gilt. Ja, das gelte immer noch, wenn man frisch ins Land einreise. Aber bei der Veränderung des Visumsstatus im Land seien die Mitarbeiter angehalten, höchstens Visa mit der Gültigkeit von 30 Tagen auszugeben.

Und nach dieser Antwort wird mein japanischer Beamter ganz ruhig. Erinnert ihr euch noch an meine Schilderung von Meeting Etikette? Wie bei Problemen alle ganz still werden und keiner eine Entscheidung treffen will? Genau dasselbe passiert nun noch einmal in einer für mich ungleich wichtigeren Situation. Außer einem gelegentlichen „Komaru na…“ (Das bringt aber Schwierigkeiten, nicht wahr?) ist aus meinem Beamten nichts mehr herauszukommen.

Doch dieses Spiel kann man auch zu zweit spielen! Anstatt wie vielleicht erwartet irgendwann aufzugeben, meine Formulare zu nehmen, und zu gehen, bleibe ich (höflich lächelnd aber bestimmt) am Schalter festgewachsen, betrachte meinen Pass und grunze ab und zu bejahend. Mir ist egal, wie lange ich hier stehen muss. Ich habe keinen Feierabend.

Nach einer weiteren halben Stunde (die Uhr zeigt nun schon 5 Uhr abends), habe ich mich immer noch keinen Zentimeter wegbewegt. Und, oh Wunder, mein Beamter ist nun zu einer Entscheidung gelangt. Er nickt mir zu und meint, es gäbe in Ausnahmefällen die Möglichkeit, immer noch das Touristenvisum auf 3 Monate auszustellen.

Innerlich will ich ihn anschreien, warum das nicht gleich so ging, doch grunze nur zustimmend. Dazu gäbe es nur ein Problem. Gedanklich stelle ich mich schon auf eine lange Nacht im Ausländerbüro ein, doch dieses Problem ist leider nicht durch einen Sitzstreik zu beseitigen. Meine Aliencard ist in Kyôto ausgestellt, das heißt, ich müsste diese Visumsänderung in Kyôto ausführen lassen. Gedanklich will ich nun schlussendlich doch aufgeben, als mein neuer Lieblingsbeamter sich wenigstens noch zu einem neuen Schlachtplan erweichen lässt.

Wenn ich die Adresse meiner jetzigen Aliencard in einer Tôkyôer Adresse umwandeln ließe, und nochmal hier her käme, dann könne man per Sonderregelung ein dreimonatiges Touristenvisum ausstellen. Und ich? Ich weiß langsam nicht mehr, ob ich lachen oder weinen soll. Mit meinen, ganz zu unnütz ausgefüllten, Formularen im Schlepptau verlasse ich das Immigrationsbüro und bin zwar um eine ganze Menge Erfahrungen, aber kein Touristenvisum reicher.

Morgen geht der Kampf dann im Bürgerbüro meiner Verwaltungsbehörde weiter. Und dann darf ich noch einmal zum Immigrationsbüro pilgern. Oh Freude!

Heute Abend habe ich mir dann zum Stressabbau Kartoffelbrei gemacht. Aus richtigen (im Ergebnis doch nicht weichkochenden) Kartoffeln. Und ohne das richtige Werkzeug, also schlug ich einfach auf die gekochten Kartoffeln mit allem ein, was die Küche so hergab. Mit genug Milch und Butter war das dann auch gar nicht so schlecht.

Meine Ausstellungseröffnung am Sonntag war übrigens auch schön. Wie die ersten Fotos zeigen, waren wir in einem kleinen Cafe mit netter Dekoration und Hängematte. Doch bei den ganzen Quasiprofis mit riesigen Kameras kam ich mir mit meiner kleinen Digitalkamera doch etwas schäbig vor und habe nicht viel fotografiert.

2 Kommentare:

  1. Das Immigrationsbüro und du - "Die unendliche Geschichte" mal nicht von Michael Ende sondern von Bettina Grießbach.
    Aber das Cafe ist ja eine ganz abgefahrene Location mit den Holzstämmen und Balken mitten in den Wolkenkratzern von Tokio.

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  2. Hahahaha, oh Bettina, wenn du mich sehen könntest wie ich hier vor meinem Laptop den Heldentod durch Lachkrampf sterbe. Die Behörden trollen Ausländer und Bettina trollt zurück. Das mit dem Wohnsitz ist natürlich ärgerlich sollte sich aber mit einer weiteren Zeitverschwendung auf dem Amt ergeben. Am besten gleich früh hinfahren und dann nicht mehr abwimmeln lassen.
    Das mit den 30 Tagen ist ja wohl eine Unverschämtheit. Man sollte mal ein Buch schreiben über die latente Ausländerfeindlichkeit hinter dem ewigen Lächeln.

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