Dienstag, 15. November 2011

Examen


Die letzten Tage waren echt stressig. Aber wenigstens sind Midterms jetzt erstmal vorbei, leider heißt das aber auch, dass meine Zeit an der Dôshisha nur noch halb so lang ist wie am Anfang. Das ist ein fürchterlicher Gedanke. Aber irgendwie muss das ja alles werden.

Das letzte Examen hatte für mich auch noch einen erhöhten Schwierigkeitsgrad, der nichts, aber rein gar nichts mit der japanischen Sprache zu tun hat. Ich arbeite mich langsam aber stetig durch Seite nach Seite mit Leseaufgaben, Textbausteinen und Kreuzeltests, bis ich endlich auf der letzten Seite ankommen. Aber was ist das? Eine Tabelle, und ZAHLEN? Mir schwant schon gausiges. 

Langsam arbeite ich mich durch den angegeben Text. Wie viele Stunden Schlaf hat ein Mensch in Japan im Vergleich zu Europa und Amerika. Schlaf hätte ich ja auch gerne, aber das ist nicht der Punkt. Der Text ist nämlich wie folgt auf gebaut: Japanische Männer schlafen 54 Minuten länger als japanische Frauen. Europäische Frauen schlafen 43 Minuten weniger als amerikanische Männer. ... und und Amerikanische Frauen schlafen im Schnitt 8 Stunden 23 Minuten. Bitte füllen sie die Tabelle mit den durchschnittlichen Schlafzeiten aus! ... 

Wollt ihr mich umbringen? Wenn ich gut in Mathe wäre, hätte ich nicht Japanologie studiert. ... Gut, vielleicht schon, aber das ist nicht der Punkt! Ich soll rechnen? Wirklich? Oh nein, wie peinlich wird das nur, wenn ich zwar den Text richtig verstanden habe, mir aber dann irgendeinen Stuss zusammenaddiere oder subtraiere. Verstohlen blicke ich mich um und entdecke, dass einige meiner Klassenkammeraden ebenfalls recht blass aussehen und ungläubig auf das unschuldige letzte Blatt starren. Dann bricht Hektik aus. Es gilt jetzt extrem wichtige Fragen zu klären, wie: Kann mein elektronisches Wörterbuch auch Rechnen, gibt es extra Zettel für die notwenige, schriftliche Nebenrechnung und wie wird noch mal schriftlich dividiert. Muss man überhaupt dividieren und wie viele Minuten hat noch einmal eine Stunde? Im nachhinein können wir alle nur über unsere riesige Panik lachen, aber ich kann bezeugen, hätte man mir in dem Moment versichert, ich müsse schriftlich Dividieren, ich hätte es zumindest versucht. 

Viel zu erzählen gibt es sonst wegen den Examen nicht. 

Außer eins:

Es gibt ja immer wieder Menschen, die behaupten, den japanischen Kindern würde das Manga lesen in die Wiege gelegt und sie lernen die Leserichtung und Zeicheninterpretation einfach mit der Muttermilch. Dem ist aber garnicht so! Beweise? Auch mit denen kann ich dienen.

In Japan gibt es wöchentliche Magazine, in ziemlich hoher Auflage wohl bemerkt, die sich an 0 bis 2 Jährige richten. Ja, ihr habt richtig gehört, 0 bis 2 jährige in Japan haben ihre eigene Auswahl an wöchentlichen Magazinen. Was beinhalten diese Prachtstücke, die von verantwortungsbewussten Eltern gekauft und an das Kinderbettchen gebracht werden? Oh, die üblichen Sachen: Ein paar japanische Charaktere, Farbspiele, erste Manga und natürlich „Bob der Baumeister“. Ich musste mich schwer zusammenreißen im Kurs, um an dieser Stelle nicht laut loszulachen. Bob der Baumeister. Für japanische Babys. Ok.

Nahtlos geht das natürlich über in Magazine für 2 bis 4 Jährige, die entweder die schönen beinhaltenden Manga von Pokemon bis Conan mit ihren Eltern lesen oder selbst die ersten Zeichen verstehen lernen. Und in diesen Geschichten sind die verschiedenen Panels mit Nummern gekennzeichnet, sodass die Kinder sich die Reihenfolge und Leserichtung einprägen können. Da sieht man mal wieder: Früh übt sich, wer ein Otaku werden will.

Außerdem sind die Vorbereitungen für das Unifest in vollem Gange. Fast jede Mittagspause sieht man irgendwo Gruppen von Studenten Blumenkränze binden, Schilder malen oder Skulpturen formen. Das verspricht eine tolle Veranstaltung zu werden.

1 Kommentar:

  1. Glückwunsch zu den überstandenen Midterms. Das mit der Matheaufgabe ist ja richtig perfide! Das überrumeplt doch jeden (Geisteswissenschaftler).

    Wenn kleine Kinder noch nicht lesen können, müssen die Panels natürlich numeriert sein. Allein aus den Zeichnungen wird die Handlung ja nicht ersichtlich.... Aber was fangen denn 0-2 Jährige bitteschön mit Manga an? Nicht mal ausmalen ist in dem Alter wirklich eine Alternative, das Stifthalten ist mit der bis dato erlernten Motorik noch nicht wirklich vereinbar. Aber solange Eltern dafür Geld ausgeben ist der pädagogische Zweck den Herausgebern sicher wurscht.

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