Puh, ja ich lebe noch, wobei die Betonung wirklich mehr auf „noch“ als auf „leben“ liegt. Verdammt sind diese Prüfungen anstrengend. Bis seit Freitag und bis nächsten Freitag habe ich jeden Tag mindestens zwei Stück hintereinander weg, oder wie ich sie nenne: Meine Sargnägel. Es ist unglaublich, nach jeder Prüfung geht es nahtlos weiter zur nächsten Vorbereitung. Dazwischen hat sich Evoniks endlich ausbequemt, will aber dann JETZT tausend Sachen, genau das, was ich vermeiden wollte.
Aber gut, das Leben geht weiter und deswegen war ich auch am Samstag bei einem All You Can Eat Dessert Restaurant. In 70 Minuten darf man alles an Süßigkeiten (und ein paar herzhafte Speisen auch) in sich hineinfuttern, und sich nebenbei noch an Eiscreme und einer großen Teebar laben. Photos sind auch schon oben.
Am Freitag die Prüfungen liefen eigentlich ganz gut, obwohl mich die mündliche Prüfung fast zur Weißglut getrieben hat. Da möchte die Frau Lehrerin, dass wir ein Rollenspiel vorbereiten und ihr das Skript schicken, gibt uns alle möglichen Parameter, und ich setze mich extra die Woche hin und mache das. Dann ist plötzlich alles falsch, ein wildes vor und zurück beginnt, bis ich am Donnerstagabend entnervt aufgebe. Mein Rollenspiel bleibt jetzt so, basta. Leider hat meine Lehrerin nicht so gewettet und sich kurzerhand entschlossen, mir einfach andere Fragen zu stellen. Na toll. Wissen Sie was? Sagen Sie das doch gleich! Sagen Sie mir doch gleich, dass ich mir eh alle Antworten in 3 Minuten Zeit aus der Nase ziehen muss, dann kann ich die Stunden an Vorbereitung produktiver verbringen. Nichts hasse ich mehr, als sinnlos vergeudete Zeit.
Eine positive Nachricht hat mich dafür am Sonntag erreicht. Ich habe den dritten Platz in einem Fotowettbewerb gewonnen. Der etwas bittere Nachgeschmack kommt zwar, weil die ersten beiden Plätze an einen gephotoshoppten Weihnachtsbaum und ein typisch amerikanisches mit Lichterketten überfrachtetes Haus gingen, aber wir wissen alle, dass fußballspielende Mönche in langen Gewändern mit Tausend Japanern nebst Kameras viel cooler sind.
Meine beiden Schülerinnen habe ich auch nochmal am Wochenende unterrichtet. Die kleinere habe ich dazu gebracht, mir deutsche Märchen nachzuerzählen (Und dann war Prinzessin, und Prinzessin ganz schön, und König, und Frau, und Frau ganz böse, und Spiegel, und Spiegel sagt Prinzessin schön, und Frau die Prinzessin Mörder…) Und die größere wollte eine Mail an ihre Freundin in Deutschland schreiben. Die ist Klassensprecherin, aber das Deutsch in der Mail war auch nicht so das wahre ;)
Heute habe ich einen Test aber sowas von verhauen, das geht gar nicht. Da gab es einen Text, auf Japanisch natürlich, der hat Menschen in Zwiebel, Möhre und Rettich Typen eingeteilt. Zwiebeln, Mören und Rettiche… und nicht etwas nach Kochpräferenzen, sondern anscheinend nach Charaktereigenschaften. Ich bin schlagfertig, mein Name ist Zwiebel, oder was? Der Rest des Tests war ähnlich bescheuert. In einem Text, ganz in der letzten Zusammenfassung ist ein これ unterstrichen, was man so etwa mit „dies“ oder „jenes“ übersetzen kann. Und was ist nun これ, soll ich antworten. Und hier kommt das schöne, da dies der letzte Satz des ganzen Textes ist, also eine quasi Zusammenfassung, kann das ALLES sein. -_-°
Und morgen geht es fröhlich weiter. Oh, aber ich liebe Japan. Das muss ich mir immer mal wieder vor Augen halten. Ich liiiiiiiebe Japan. Nur im Moment kann ich mich nicht wirklich erinnern, warum.
Montag, 30. Januar 2012
Sonntag, 22. Januar 2012
Langsam merkt man wirklich, dass die Reserven erstmal leer sind. Ich fange plötzlich an, wichtige Dinge in der Uni zu vergessen: Meinen Planer, mein Notizheft mit dem korrigierten japanischen Report und ganze Hefter. Zum Glück kommt ja in Japan nix weg und ich habe alles wieder bekommen, aber trotzdem.
Es stellt sich auch langsam eine gewisse Endzeit Stimmung ein. Nur noch knapp 2 Wochen, und dann ist es vorbei mit Uni und Tests. In den kurzen Momenten, die nicht in völliger Verzweiflung im Angesicht der kommenden Prüfungen oder panischen Betriebsamkeit verloren gehen, mache ich schon Listen, was alles noch in Kyoto und Umgebung erkundet werden muss. Der Koyasan steht ganz oben auf der Liste, auch wenn es da oben jetzt schweinisch kalt seien sollte. Außerdem Fushimi Inari-Taisha mit den hunderten Torii aneinandergereiht und außerdem Arashiyama. Da war ich ja auch noch nicht.
Aber gut, erstmal müssen alle Tests und Hausarbeiten geschrieben werden. Aber man kann ja träumen.
Es stellt sich auch langsam eine gewisse Endzeit Stimmung ein. Nur noch knapp 2 Wochen, und dann ist es vorbei mit Uni und Tests. In den kurzen Momenten, die nicht in völliger Verzweiflung im Angesicht der kommenden Prüfungen oder panischen Betriebsamkeit verloren gehen, mache ich schon Listen, was alles noch in Kyoto und Umgebung erkundet werden muss. Der Koyasan steht ganz oben auf der Liste, auch wenn es da oben jetzt schweinisch kalt seien sollte. Außerdem Fushimi Inari-Taisha mit den hunderten Torii aneinandergereiht und außerdem Arashiyama. Da war ich ja auch noch nicht.
Aber gut, erstmal müssen alle Tests und Hausarbeiten geschrieben werden. Aber man kann ja träumen.
Mittwoch, 18. Januar 2012
Vor zwei Tagen hat mein 100 Yen Wecker den Geist aufgegeben. Natürlich genau an dem Tag des riesigen unglaublich wichtigen und sowieso viel zu schweren Kanjitests. Da kommt Freude auf. Zwar bin ich nicht zu spät zum Test gekommen, aber die fest eingeplanten (und bitter nötigen) 3 Stunden vor dem Test um noch knapp 50 Kanji in meine Erinnerung zu zementieren haben jetzt natürlich gefehlt. Ich glaube, mein Kopf hasst mich. Er schafft es, mich knapp 15 Minuten vor dem Testanfang aufzuwecken, also genau noch genug Zeit, wie ein angeschossenen Eichhörnchen in Richtung Uni zu sprinten, aber im Endeffekt keiner Zeit, mich geistig auf das Desaster vorzubereiten. Somit können wir diesen Test ruhig als Totalblackout werten.
Außerdem habe ich jetzt offiziell meine zwei längsten Tage an der Dôshisha hinter mir. Vorlesungen bis 8 Uhr abends sollten verboten werden. Außerdem bringen sie nix. Die Studenten flüchten sich aufgrund von Übermüdung und akutem Aufmerksamkeitsproblemen in die abstrusesten und flachsten Witze, die man sich nur ausdenken kann, was wiederrum den Lehrer nervt und sich langsam in eine Atmosphäre steigert, in der nichts mehr geht aber alle irgendwie auf 180 sind.
Dienstag ist dann wenigstens unsere Präsentation gut über die Bühne gegangen. Aber irgendwie versetzt es der Euphorie über diesen Umstand einen gehörigen Dämpfer, wenn der Lehrer danach nur ein kurzes „exzellent“ von sich gibt, bevor er sich aus dem Staub macht. Ich habe mir für dieses Teil ein paar Nächte um die Ohren geschlagen und Exel bezwungen, und er kann mir noch nicht mal einen ganzen Satz als Einschätzung geben? Pah! Na gut.
Heute war die vorletzte Stunde mit einen Deutschstudenten. Und ich habe ihnen natürlich, uneigennützig wie ich nun mal bin, meinen Japanischaufsatz zum Korrigieren mitgenommen. Nachdem er praktisch einmal durch den Fleischwolf gedreht wurde, habe ich zwar keinerlei Vertrauen mehr in meine Japanischkenntnisse, aber wenigstens einen (halben) Aufsatz, den meine Lehrerin nicht (wie sonst) direkt an die Wand klatschen muss. Das Bild ist von einem der beidem Kurse, nämlich dem Weiberhaufen ;)
Als nächstes habe ich mich auf die Suche nach einem neuen Wecker gemacht. Klein-Bettina lernt ja aus ihren Fehlern, und weiß jetzt, dass ein Wecker für umgerechnet weniger als einen Euro vielleicht doch nicht so vertrauenswürdig ist. Die großen Elektromärkte sind aber einfach die Reise für einen Wecker nicht wert, weswegen ich versucht habe, einen in meiner Umgebung aufzutreiben.
Gesucht- und schließlich auch gefunden. Ein kleines, verstecktes Geschäft in einer Nebenstraße verkaufte Uhren aller Arten. Also… jedenfalls eine von jeder Sorte: die im Schaufenster. Dieses kleine Geschäft wird anscheinend nur von den Bewohnern des Viertels benutzt, die sich dann eine Uhr aus dem Katalog aussuchen und ein paar Tage auf dessen Bestellung warten. Deswegen beschränkt sich das Ladeninventar auf genau die Uhren, die im Schaufenster ausgestellt sind. Habe ich auch noch nicht erlebt, sowas. Aber egal, ich wollte ja nur EINEN Wecker. Und einen digitalen, weil… der ist besser und genauer einzustellen. Damit beschränkte sich die Auswahl auf genau zwei Wecker. Einen Riesigen, dessen Tastenbedienung mir aber schon von Weiten so kompliziert erschien, deswegen gewannt Kandidat 2, ein etwas abenteuerlich geformtes orangenes Ungetüm.
Als mir die Inhaberin nun mit großem Stolz ihre Uhr vorführen wollte, brach die obere Plastikkappe ab und ich fand, dass das dem ästhetischen Aussehen des Weckers nicht wirklich geschadet hat. Also haben wir uns auf einen Rabatt geeinigt, und sie hat mir die Batterien mitgegeben (inklusiver einem Stück Klebeband, mit dem der Plastikdeckel wieder fest auf dem Gehäuse sitzt). Also ein sehr erfolgreicher Einkauf.
Als letztes möchte ich erwähnen, dass ich nun die korrekte japanische Übersetzung für „einen Flunsch ziehen“ kenne. Da soll noch einer sagen, ich würde hier nix anständiges lernen.
Oh… und… also… TOKYO HAT ZUGESAGT! Sie nehmen mich, sie nehmen mich , ulalala, sie nehmen mich. Und sie bezahlen mich, und sie haben keine Ahnung, was sie sich damit ins Haus geholt haben. Aber das werden sie wohl noch früh genug erfahren. Jetzt heißt es nur, Wohnung suchen, Umzug planen, Zelte in Kyoto langsam abbrechen und… ach ja, 3 Wochen Prüfungen überstehen. Das wird ein Spaß.
Außerdem habe ich jetzt offiziell meine zwei längsten Tage an der Dôshisha hinter mir. Vorlesungen bis 8 Uhr abends sollten verboten werden. Außerdem bringen sie nix. Die Studenten flüchten sich aufgrund von Übermüdung und akutem Aufmerksamkeitsproblemen in die abstrusesten und flachsten Witze, die man sich nur ausdenken kann, was wiederrum den Lehrer nervt und sich langsam in eine Atmosphäre steigert, in der nichts mehr geht aber alle irgendwie auf 180 sind.
Dienstag ist dann wenigstens unsere Präsentation gut über die Bühne gegangen. Aber irgendwie versetzt es der Euphorie über diesen Umstand einen gehörigen Dämpfer, wenn der Lehrer danach nur ein kurzes „exzellent“ von sich gibt, bevor er sich aus dem Staub macht. Ich habe mir für dieses Teil ein paar Nächte um die Ohren geschlagen und Exel bezwungen, und er kann mir noch nicht mal einen ganzen Satz als Einschätzung geben? Pah! Na gut.
Heute war die vorletzte Stunde mit einen Deutschstudenten. Und ich habe ihnen natürlich, uneigennützig wie ich nun mal bin, meinen Japanischaufsatz zum Korrigieren mitgenommen. Nachdem er praktisch einmal durch den Fleischwolf gedreht wurde, habe ich zwar keinerlei Vertrauen mehr in meine Japanischkenntnisse, aber wenigstens einen (halben) Aufsatz, den meine Lehrerin nicht (wie sonst) direkt an die Wand klatschen muss. Das Bild ist von einem der beidem Kurse, nämlich dem Weiberhaufen ;)
Als nächstes habe ich mich auf die Suche nach einem neuen Wecker gemacht. Klein-Bettina lernt ja aus ihren Fehlern, und weiß jetzt, dass ein Wecker für umgerechnet weniger als einen Euro vielleicht doch nicht so vertrauenswürdig ist. Die großen Elektromärkte sind aber einfach die Reise für einen Wecker nicht wert, weswegen ich versucht habe, einen in meiner Umgebung aufzutreiben.
Gesucht- und schließlich auch gefunden. Ein kleines, verstecktes Geschäft in einer Nebenstraße verkaufte Uhren aller Arten. Also… jedenfalls eine von jeder Sorte: die im Schaufenster. Dieses kleine Geschäft wird anscheinend nur von den Bewohnern des Viertels benutzt, die sich dann eine Uhr aus dem Katalog aussuchen und ein paar Tage auf dessen Bestellung warten. Deswegen beschränkt sich das Ladeninventar auf genau die Uhren, die im Schaufenster ausgestellt sind. Habe ich auch noch nicht erlebt, sowas. Aber egal, ich wollte ja nur EINEN Wecker. Und einen digitalen, weil… der ist besser und genauer einzustellen. Damit beschränkte sich die Auswahl auf genau zwei Wecker. Einen Riesigen, dessen Tastenbedienung mir aber schon von Weiten so kompliziert erschien, deswegen gewannt Kandidat 2, ein etwas abenteuerlich geformtes orangenes Ungetüm.
Als mir die Inhaberin nun mit großem Stolz ihre Uhr vorführen wollte, brach die obere Plastikkappe ab und ich fand, dass das dem ästhetischen Aussehen des Weckers nicht wirklich geschadet hat. Also haben wir uns auf einen Rabatt geeinigt, und sie hat mir die Batterien mitgegeben (inklusiver einem Stück Klebeband, mit dem der Plastikdeckel wieder fest auf dem Gehäuse sitzt). Also ein sehr erfolgreicher Einkauf.
Als letztes möchte ich erwähnen, dass ich nun die korrekte japanische Übersetzung für „einen Flunsch ziehen“ kenne. Da soll noch einer sagen, ich würde hier nix anständiges lernen.
Oh… und… also… TOKYO HAT ZUGESAGT! Sie nehmen mich, sie nehmen mich , ulalala, sie nehmen mich. Und sie bezahlen mich, und sie haben keine Ahnung, was sie sich damit ins Haus geholt haben. Aber das werden sie wohl noch früh genug erfahren. Jetzt heißt es nur, Wohnung suchen, Umzug planen, Zelte in Kyoto langsam abbrechen und… ach ja, 3 Wochen Prüfungen überstehen. Das wird ein Spaß.
Samstag, 14. Januar 2012
TUNFISCH… TUNFISCH… TUUUUUUUNFISCH!
Wer will noch mal, wer hat noch nicht? Heute ist ein Mordstag. Zunächst früh aufstehen und zum Deutschunterricht mit meinen Lieblingsjapanern fahren. Leider musste ich mit der Kleinen diesmal schimpfen. Aber ich kann ihr nichts beibringen, wenn sie sich weigert mit mir zu reden, etwas zu schreiben oder sonstwie zu lernen. Hoffentlich wird das das nächste Mal wieder besser.
Dann knappe vier Stunden Powertreffen, nachdem die Power Point für den Vortrag zu 90% steht, keine Überlappungen in den Themen mehr bestehen und generell eigentlich alles geklärt ist. Zum Glück hat das heute so gut funktioniert. In meinem Kopf liefen ja seit einer Woche die Horrorszenarien von unfertigen PPT, ständigen Wiederholungen und viel zu kurzen Redenanteilen in Dauerschleife.
Bei einem kurzen Shoppingtrip bin ich dann auch noch über einen Ausverkauf eines halben Tunfischs gestoßen. Da muss natürlich zugeschlagen werden:
Jetzt heißt es mit gebündelter Kraft Kanji für den großen Test am Montag lernen, irgendwie bis 20 Uhr den Unterricht überstehen, Dienstag die Präsentation halten und danach alle Kraft in die nahenden Prüfungen stecken. Gott, vergieb mir, denn ich kenne keine Kanji. Wie soll ich das nur alles schaffen?
Auch Evoniks hat sich nochmal gemeldet. Bis Ende Januar soll ich nun eine Antwort bekommen. Hoffen wir mal das beste.
Freitag, 13. Januar 2012
Ich werde zu alt für diesen Mist die Zweite
Gestern war kein schöner Tag. Warum? Weil mir wieder einmal die gesamte Ladung japanischer Ausländerablehnung entgegen geschlagen ist. Und das, von allen Orten, ausgerechnet in der Uni.
Ich war eigentlich nur im Büro für ausländische Studenten aufgeschlagen, um einige Punkte eines Fragebogens genauer zu besprechen, als plötzlich so ziemlich alles schief ging, was schief gehen konnte. Auf die Frage, wann ich denn in mein Heimatland zurückfliegen würde, antwortete ich wahrheitsgemäß, dass meine Anreise erst im August anstünde. Oh, welch Frevel. Plötzlich wurde ich umringt von drei Sachmitarbeitern, die mir hintereinander immer wieder die gleichen Fragen stellten. Wann reisen Sie aus? Was machen Sie in der Zwischenzeit? Warum reisen Sie nicht aus? Langsam wurde der Ton der Konversation schärfer.
Ich solle sofort nach der Exmatrikulation (März) ausreisen. Ich wäre dann nicht mehr in Japan geduldet. Ich fiel aus allen Wolken und versuchte händeringend zu erklären, dass das Visum in meinem Pass aber bis September gültig sei. Das schien ihnen aber völlig egal zu sein. Nein, mein Visum sei unwiderruflich an mein Studium an der Dôshisha Universität gekoppelt, und sobald diese mich exmatrikuliere, müsste ich das Land verlassen. Sie gingen sogar soweit, mir zu drohen, ich würde zu einem Illegalen Einwanderer werden und Einreiseverbot nach Japan bekommen.
Völlig verstört und panisch verließ ich das Büro. Eine Krisensitzung mit den anderen Deutschen Studenten später ging es nach Hause, um erst einmal weitere Informationen einzuholen. Die erste Anlaufstelle? Das deutsche Generalkonsulat in Ôsaka. Dort hatte ich so ungefähr 5 Japaner an der Strippe, die alle kein wirkliches Deutsch sprachen. Schon toll, in einem deutschen Konsulat. Nachdem ich also jedem dieser Personen mein Problem kurz in Japanisch geschildert hatte und das Prepaid Guthaben immer geringer wurde, kam ich endlich bei einem Deutschen raus. Der erklärte mir dann strikt, dass mir hier keiner helfen könne. Die Ausstellung und der Status meines Visums wäre Sache Japans und davon hätten sie erstens keine Ahnung und zweitens keine Zuständigkeit. Na super. Nach etwas mehr Nachharken und Jammern war er dann aber bereit, mir die zuständige japanische Behörde rauszusuchen und mir den Ort in einer Mail mitzuteilen. Zehn Minuten später erhielt ich die Mail auch mit den Angaben, unterschieben vom Generalkonsul. Hätte ich das gewusst, wäre ich ihm doch nicht so auf die Nerven gegangen.
Aber nun galt es zunächst, zur zuständigen Immigrationsbehörde zu fahren. Die könnten Englisch, meinte der Generalkonsul. Na hoffentlich! Nicht, dass ich ein völliger japanischer Analphabet wäre, aber solche wichtigen Angelegenheiten mit schwierigen Fachworten will ich zu 100 Prozent verstehen können. Im Immigrationsbüro war dann natürlich keiner, der anständige englische Sätze formen konnte, doch fest damit rechnen konnte ich sowieso nicht. Also erkläte ich dem (noch) freundlichen Herren mein Dilemma und erbitte Informationen. Danach begann eine aufreibende Stunde voller Diskussion. Ja, Japan bittet mich so schnell wie möglich nach meiner Exmatrikulation zu gehen, und mit dieser würde auch meine Arbeitserlaubnis erlöschen. Aber da Japan ja sehr großzügig ist, gäbe es mir noch drei Monate nach Ablauf meine Immatrikulation, um meine Heimreise vorzubereiten. Danach bitte mich Japan aber, zu gehen. Und eine Umschreibung auf ein „Work and Travel“ Visum würde auch nicht gehen, da dessen Beantragung und Ausstellung von Deutschland aus geschehen muss. Also gab es nur eine Möglichkeit: Die Firma, die mich einstellt, musste für mich bürgen und mir ein Arbeitsvisum beschaffen. Na super. Und was war jetzt mit dem Status des Illegalen? Nach einer sehr aufreibenden Diskussion hatte der Japaner anscheinend Mitleid mit mir. Er sagte: Hören Sie mir bitte GENAU zu. Japan BITTET Sie zu gehen.
Ich blinzelte einmal, zweimal, dreimal und ging im Geiste noch mal die gelernten Abstufungen zwischen einer Bitte, einer starken Bitte, einem Befehl und einem Gesetz durch. So langsam wurde mir klar, worauf das hier hinauslief. „Also,…“, begann ich, und versuchte die Formulierung genau zu bedenken. „Also, Japan BITTET mich zu gehen.“ Stürmisches Nicken von japanischer Seite. „Aber weil mein Visum noch bis September gilt, werde ich erst ILLEGAL und breche ein GESETZ, wenn ich länger als September bleibe. Davor MUSS ich nicht gehen?“ Er atmete spürbar aus, versicherte mir noch einmal, das Japan mich bittet zu gehen, wiederholte aber auch meinen Satz noch einmal zur Bestätigung. Ich wollte ihm gleichzeitig an die Gurgel gehen und um den Hals fallen. Hätte er mir das nicht in den ersten fünf Minuten sagen können? Nein, anscheinend nicht. Es ist schon wirklich ein starkes Stück, wenn selbst das Büro für Immigration erstens kein Englisch spricht und zweitens die Weisung von Oben hat, bestimmte Informationen nicht direkt aussprechen zu dürfen.
Wenigstens kam am Abend noch eine Mail von der deutschen Evoniks Seite, die um einiges positiver Klang als die „wir können weder Ja noch Nein sagen“ Mail aus Japan. Nach diesem Tag war ich wirklich bedient, aber viel schlimmere Ängste und Fässer kann Japan ja jetzt auch nicht mehr aufmachen. Nur die Leute von der Dôshisha, die mich völlig unnötig so fertig gemacht haben, die versteh‘ ein anderer.
Ich war eigentlich nur im Büro für ausländische Studenten aufgeschlagen, um einige Punkte eines Fragebogens genauer zu besprechen, als plötzlich so ziemlich alles schief ging, was schief gehen konnte. Auf die Frage, wann ich denn in mein Heimatland zurückfliegen würde, antwortete ich wahrheitsgemäß, dass meine Anreise erst im August anstünde. Oh, welch Frevel. Plötzlich wurde ich umringt von drei Sachmitarbeitern, die mir hintereinander immer wieder die gleichen Fragen stellten. Wann reisen Sie aus? Was machen Sie in der Zwischenzeit? Warum reisen Sie nicht aus? Langsam wurde der Ton der Konversation schärfer.
Ich solle sofort nach der Exmatrikulation (März) ausreisen. Ich wäre dann nicht mehr in Japan geduldet. Ich fiel aus allen Wolken und versuchte händeringend zu erklären, dass das Visum in meinem Pass aber bis September gültig sei. Das schien ihnen aber völlig egal zu sein. Nein, mein Visum sei unwiderruflich an mein Studium an der Dôshisha Universität gekoppelt, und sobald diese mich exmatrikuliere, müsste ich das Land verlassen. Sie gingen sogar soweit, mir zu drohen, ich würde zu einem Illegalen Einwanderer werden und Einreiseverbot nach Japan bekommen.
Völlig verstört und panisch verließ ich das Büro. Eine Krisensitzung mit den anderen Deutschen Studenten später ging es nach Hause, um erst einmal weitere Informationen einzuholen. Die erste Anlaufstelle? Das deutsche Generalkonsulat in Ôsaka. Dort hatte ich so ungefähr 5 Japaner an der Strippe, die alle kein wirkliches Deutsch sprachen. Schon toll, in einem deutschen Konsulat. Nachdem ich also jedem dieser Personen mein Problem kurz in Japanisch geschildert hatte und das Prepaid Guthaben immer geringer wurde, kam ich endlich bei einem Deutschen raus. Der erklärte mir dann strikt, dass mir hier keiner helfen könne. Die Ausstellung und der Status meines Visums wäre Sache Japans und davon hätten sie erstens keine Ahnung und zweitens keine Zuständigkeit. Na super. Nach etwas mehr Nachharken und Jammern war er dann aber bereit, mir die zuständige japanische Behörde rauszusuchen und mir den Ort in einer Mail mitzuteilen. Zehn Minuten später erhielt ich die Mail auch mit den Angaben, unterschieben vom Generalkonsul. Hätte ich das gewusst, wäre ich ihm doch nicht so auf die Nerven gegangen.
Aber nun galt es zunächst, zur zuständigen Immigrationsbehörde zu fahren. Die könnten Englisch, meinte der Generalkonsul. Na hoffentlich! Nicht, dass ich ein völliger japanischer Analphabet wäre, aber solche wichtigen Angelegenheiten mit schwierigen Fachworten will ich zu 100 Prozent verstehen können. Im Immigrationsbüro war dann natürlich keiner, der anständige englische Sätze formen konnte, doch fest damit rechnen konnte ich sowieso nicht. Also erkläte ich dem (noch) freundlichen Herren mein Dilemma und erbitte Informationen. Danach begann eine aufreibende Stunde voller Diskussion. Ja, Japan bittet mich so schnell wie möglich nach meiner Exmatrikulation zu gehen, und mit dieser würde auch meine Arbeitserlaubnis erlöschen. Aber da Japan ja sehr großzügig ist, gäbe es mir noch drei Monate nach Ablauf meine Immatrikulation, um meine Heimreise vorzubereiten. Danach bitte mich Japan aber, zu gehen. Und eine Umschreibung auf ein „Work and Travel“ Visum würde auch nicht gehen, da dessen Beantragung und Ausstellung von Deutschland aus geschehen muss. Also gab es nur eine Möglichkeit: Die Firma, die mich einstellt, musste für mich bürgen und mir ein Arbeitsvisum beschaffen. Na super. Und was war jetzt mit dem Status des Illegalen? Nach einer sehr aufreibenden Diskussion hatte der Japaner anscheinend Mitleid mit mir. Er sagte: Hören Sie mir bitte GENAU zu. Japan BITTET Sie zu gehen.
Ich blinzelte einmal, zweimal, dreimal und ging im Geiste noch mal die gelernten Abstufungen zwischen einer Bitte, einer starken Bitte, einem Befehl und einem Gesetz durch. So langsam wurde mir klar, worauf das hier hinauslief. „Also,…“, begann ich, und versuchte die Formulierung genau zu bedenken. „Also, Japan BITTET mich zu gehen.“ Stürmisches Nicken von japanischer Seite. „Aber weil mein Visum noch bis September gilt, werde ich erst ILLEGAL und breche ein GESETZ, wenn ich länger als September bleibe. Davor MUSS ich nicht gehen?“ Er atmete spürbar aus, versicherte mir noch einmal, das Japan mich bittet zu gehen, wiederholte aber auch meinen Satz noch einmal zur Bestätigung. Ich wollte ihm gleichzeitig an die Gurgel gehen und um den Hals fallen. Hätte er mir das nicht in den ersten fünf Minuten sagen können? Nein, anscheinend nicht. Es ist schon wirklich ein starkes Stück, wenn selbst das Büro für Immigration erstens kein Englisch spricht und zweitens die Weisung von Oben hat, bestimmte Informationen nicht direkt aussprechen zu dürfen.
Wenigstens kam am Abend noch eine Mail von der deutschen Evoniks Seite, die um einiges positiver Klang als die „wir können weder Ja noch Nein sagen“ Mail aus Japan. Nach diesem Tag war ich wirklich bedient, aber viel schlimmere Ängste und Fässer kann Japan ja jetzt auch nicht mehr aufmachen. Nur die Leute von der Dôshisha, die mich völlig unnötig so fertig gemacht haben, die versteh‘ ein anderer.
Dienstag, 10. Januar 2012
Stress...
Es sind ja einige Tage vergangen, seit ich das letzte Mal etwas geschrieben habe, aber es ist eigentlich nichts allzu spannendes passiert. Die Uni ist wieder losgegangen und jetzt kommt die Hektik auf. Hätte ich etwas für diesen Monat während meiner freien Tage tun sollen? Natürlich. Hat sich ein Haufen Arbeit angesammelt? Sicher. Aber das hat mich trotzdem nicht davon abgehalten, die Ferien mit Faulenzen, Städtereisen und Neujahrsbesuchen zu verbringen. Das heißt natürlich jetzt nur eins: Panik!!! Nächste Woche Montag kommt Kanji Gesamttest 3, danach Dienstag 90 Minuten Vortrag über Japanische Peruaner… oder peruanische Japaner, so ganz weiß das bis heute keiner, und danach muss mein finaler Aufsatz in Japanisch geschrieben, korrigiert, neu geschrieben und abgegeben werden. Ganz zu schweigen von den Endjahresprüfungen. Hach, wie ich Japan liebe. Also, so ein bisschen. Aber in Situationen wie diesen auch nur ein ganz ganz ganz kleines bisschen.
Heute habe ich mir übrigens auch meine erste Wundertüte gekauft. Das hat in Japan Tradition. Nach Neujahr bieten fast alle Läden, von Elektomärkten über Klamottenläden bis hin zu Juwelieren und Supermärkten Wundertüten zu festgelegten Preisen an. Der Inhalt der Wundertüte entscheidet dann über das Glück im neuen Jahr. Und damit das nicht allzu mager ausfällt, steht auf den meisten Wundertüten fast schon vollständig drauf, was drin ist. Wie langweilig. Deswegen ist meine Wundertüte auch eine Old School Tüte. Völlig unberechenbar und ohne jegliche Indikation, was drin sein wird. Na gut, sie stammt aus dem Kombini, also wird es wohl was Essbares sein, aber das ist auch schon alles. Deswegen wird sie auch gleich mitgenommen und als Mittagessen verbraucht. Hmmm, Schokolade!
Sonst habe ich heute mal wieder meine Rechnungen bezahlt, und wäre schon fast wieder an die Decke gegangen. Mit dem neuen Jahr kam nämlich prompt die Stromrechnung, auf einem etwas anderen Papier als sonst. Und bei der Post eröffnet man mir dann, dass ich diese etwas anders aussehende Rechnung jetzt mit Kombini bezahlen muss. Das heißt, ich darf jetzt jeden Monat zweimal Bearbeitungsgebühren von 4 Euro zahlen. Nachdem die Post seit September brav jeden Monat meine Rechnungen annahm, jetzt das. Aber ich liebe Japan. Ein ganz kleines bisschen. Trotz allem!
Heute habe ich mir übrigens auch meine erste Wundertüte gekauft. Das hat in Japan Tradition. Nach Neujahr bieten fast alle Läden, von Elektomärkten über Klamottenläden bis hin zu Juwelieren und Supermärkten Wundertüten zu festgelegten Preisen an. Der Inhalt der Wundertüte entscheidet dann über das Glück im neuen Jahr. Und damit das nicht allzu mager ausfällt, steht auf den meisten Wundertüten fast schon vollständig drauf, was drin ist. Wie langweilig. Deswegen ist meine Wundertüte auch eine Old School Tüte. Völlig unberechenbar und ohne jegliche Indikation, was drin sein wird. Na gut, sie stammt aus dem Kombini, also wird es wohl was Essbares sein, aber das ist auch schon alles. Deswegen wird sie auch gleich mitgenommen und als Mittagessen verbraucht. Hmmm, Schokolade!
Sonst habe ich heute mal wieder meine Rechnungen bezahlt, und wäre schon fast wieder an die Decke gegangen. Mit dem neuen Jahr kam nämlich prompt die Stromrechnung, auf einem etwas anderen Papier als sonst. Und bei der Post eröffnet man mir dann, dass ich diese etwas anders aussehende Rechnung jetzt mit Kombini bezahlen muss. Das heißt, ich darf jetzt jeden Monat zweimal Bearbeitungsgebühren von 4 Euro zahlen. Nachdem die Post seit September brav jeden Monat meine Rechnungen annahm, jetzt das. Aber ich liebe Japan. Ein ganz kleines bisschen. Trotz allem!
Mittwoch, 4. Januar 2012
Fußballer mit Hindernissen
Puh, heute ist wieder einer dieser Tage… Aber der Reihe nach. Gestern führte mich mein Weg wieder mal zum Kita no Tenmangu Jinja. Ihr wisst schon, der mit den Kühen. Natürlich schieben sich da um Neujahr die Menschenmassen durch, und wessen wunderbare Idee es war, den einzigen Zugang in einen langen, dünnen Schlauch mit Fressbuden zu verwandeln, soll meinetwegen in der Hölle schmoren. Auf diese Weise wird aus einem 5 Minuten Weg Geschupse und Gedränge von einer halben Stunde. Ein Spaß für die ganze Familie. Doch ich habe eine Aufgabe!
Jawohl, der Schirmherr des Schreins war nämlich ein berühmte Kaligraphie Künstler und deswegen kommen die Japaner hier her, um das erste Schriftzeichen im neuen Jahr mehr oder weniger kunstvoll aufs Papier zu bringen. Und da bin ich natürlich mit dabei. Nachdem ich also ein paar Bögen erstanden habe und mich an einen der Tische niederließ (natürlich auf den Knien, weil Stühle sind ja so schrecklich modern und ein ordentliches Schriftzeichen entsteht nur mit Krampf in den Beinen!) entdecke ich meinen Fehler. Man bringt seinen eigenen Pinsel mit! Na super, doch da sich schon eine kleine Gruppe von neugierigen Japanern mit viel zu großen Kameras um meinen Platz gebildet hat, ist die Rettung nicht weit. Dankend nehme ich Pinsel von einem benachbarten Zeichner an und lege los. Ok, ist ja gar kein Druck, so mit 5 Linsen und quiekenden Japanern drum rum. Jetzt nur nicht die Strichreihenfolge vermasseln. Nach zwei beschriebenen Papierbögen gebe ich dankend die Pinsel zurück und mache mich aus dem Staub. Show beendet, der Gaijin verlässt die Bühne.
Außerdem wird heute in diesem Schrein eine Art antike Komödie aufgeführt. Leider verstehe ich nicht viel von dem bestimmt stechend scharfen Wortwitz, außer dass die Form „gazaimasu“ mit „gozaru“ ersetzt wurde und dies die umstehenden Zuschauer immer wieder zum Kichern bringt.
Heute soll es dann endlich zum „Fußballspiel“ gehen. Dieser „Sport“ – ein Mix aus Fußball und Volleyball- wird seit der Heianzeit ausgeführt und dient als Dank an die Götter. Oder deren Belustigung, je nachdem, wie man es sieht. Doch bei meiner Ankunft kann ich erst mal nichts von dem Spektakel sehen. Warum machen sie sowas nicht auf einer Erhöhung? So können wirklich nur die ersten 4 Reihen irgendwas erkennen, während hinter ihnen alles nach vorn drängt. Doch ich muss meinem Frust gar nicht selbst Luft machen, das erledigt schon ein kleines Mädchen neben mir. Sie springt auf und nieder, bemerkt aller 5 Sekunden „Ich kann gaaaaaaarnichts sehen!“ und ist des weiteren mit Jammern und Ningeln beschäftigt. Gut, die ersten paar Minuten ist es süß, dann sehr… und ich betone SEHR nervig! Doch es gibt zum Glück noch andere Ablenkungen, während auf dem Spielfeld Gott weiß was passiert. Zum Beispiel zwei Jungs zu meiner Linken, die sich in Zeichensprache unterhalten. Ob japanische Zeichensprache andere Symbole hat als deutsche?
Ein älterer Herr vor mir verwickelt mich schließlich in ein Gespräch, und versichert, dass bald die ersten Reihen genug Bilder geschossen hätten, um uns armen Schweinen weiter hinten Platz zu schaffen. Naja, ob das stimmt? Doch mit ihm als Gesprächspartner lasse ich mich weder vom plötzlich aufkommenden Wind noch von dem langsam einsetzenden Schneegestöber (wirklich, die ersten Fotos noch strahlend blauer Himmel, und dann weiße Pracht!) vertreiben. Stetig schieben wir uns in der Masse nach vorn und teilweise beobachten wir das Spektakel einfach durch die Kameras der Zuschauer vor uns! Nachdem wir endlich freie Sicht auf das Spektakel haben und genug Fotos geschossen wurden, läd‘ mich der ältere Herr noch zum Essen ein. Ich weiß nicht, warum immer ich die älteren Herren aufgable, aber wenigstens vergeht dieser Ausflug ohne plötzlichen Heiratsantrag. Nein, wir unterhalten uns sogar sehr gut über Deutschland, Japan, Haiku, Gedichte und der gleichen. Danach komme ich auf dem Weg nach Hause dann ins richtige Schneegestöber. Das Fahrrad auf den letzten Bildern ist übrigens mein Neues.
Jawohl, der Schirmherr des Schreins war nämlich ein berühmte Kaligraphie Künstler und deswegen kommen die Japaner hier her, um das erste Schriftzeichen im neuen Jahr mehr oder weniger kunstvoll aufs Papier zu bringen. Und da bin ich natürlich mit dabei. Nachdem ich also ein paar Bögen erstanden habe und mich an einen der Tische niederließ (natürlich auf den Knien, weil Stühle sind ja so schrecklich modern und ein ordentliches Schriftzeichen entsteht nur mit Krampf in den Beinen!) entdecke ich meinen Fehler. Man bringt seinen eigenen Pinsel mit! Na super, doch da sich schon eine kleine Gruppe von neugierigen Japanern mit viel zu großen Kameras um meinen Platz gebildet hat, ist die Rettung nicht weit. Dankend nehme ich Pinsel von einem benachbarten Zeichner an und lege los. Ok, ist ja gar kein Druck, so mit 5 Linsen und quiekenden Japanern drum rum. Jetzt nur nicht die Strichreihenfolge vermasseln. Nach zwei beschriebenen Papierbögen gebe ich dankend die Pinsel zurück und mache mich aus dem Staub. Show beendet, der Gaijin verlässt die Bühne.
Außerdem wird heute in diesem Schrein eine Art antike Komödie aufgeführt. Leider verstehe ich nicht viel von dem bestimmt stechend scharfen Wortwitz, außer dass die Form „gazaimasu“ mit „gozaru“ ersetzt wurde und dies die umstehenden Zuschauer immer wieder zum Kichern bringt.
Heute soll es dann endlich zum „Fußballspiel“ gehen. Dieser „Sport“ – ein Mix aus Fußball und Volleyball- wird seit der Heianzeit ausgeführt und dient als Dank an die Götter. Oder deren Belustigung, je nachdem, wie man es sieht. Doch bei meiner Ankunft kann ich erst mal nichts von dem Spektakel sehen. Warum machen sie sowas nicht auf einer Erhöhung? So können wirklich nur die ersten 4 Reihen irgendwas erkennen, während hinter ihnen alles nach vorn drängt. Doch ich muss meinem Frust gar nicht selbst Luft machen, das erledigt schon ein kleines Mädchen neben mir. Sie springt auf und nieder, bemerkt aller 5 Sekunden „Ich kann gaaaaaaarnichts sehen!“ und ist des weiteren mit Jammern und Ningeln beschäftigt. Gut, die ersten paar Minuten ist es süß, dann sehr… und ich betone SEHR nervig! Doch es gibt zum Glück noch andere Ablenkungen, während auf dem Spielfeld Gott weiß was passiert. Zum Beispiel zwei Jungs zu meiner Linken, die sich in Zeichensprache unterhalten. Ob japanische Zeichensprache andere Symbole hat als deutsche?
Ein älterer Herr vor mir verwickelt mich schließlich in ein Gespräch, und versichert, dass bald die ersten Reihen genug Bilder geschossen hätten, um uns armen Schweinen weiter hinten Platz zu schaffen. Naja, ob das stimmt? Doch mit ihm als Gesprächspartner lasse ich mich weder vom plötzlich aufkommenden Wind noch von dem langsam einsetzenden Schneegestöber (wirklich, die ersten Fotos noch strahlend blauer Himmel, und dann weiße Pracht!) vertreiben. Stetig schieben wir uns in der Masse nach vorn und teilweise beobachten wir das Spektakel einfach durch die Kameras der Zuschauer vor uns! Nachdem wir endlich freie Sicht auf das Spektakel haben und genug Fotos geschossen wurden, läd‘ mich der ältere Herr noch zum Essen ein. Ich weiß nicht, warum immer ich die älteren Herren aufgable, aber wenigstens vergeht dieser Ausflug ohne plötzlichen Heiratsantrag. Nein, wir unterhalten uns sogar sehr gut über Deutschland, Japan, Haiku, Gedichte und der gleichen. Danach komme ich auf dem Weg nach Hause dann ins richtige Schneegestöber. Das Fahrrad auf den letzten Bildern ist übrigens mein Neues.
Sonntag, 1. Januar 2012
Frohes Neujahr! 明けましておめでとう。
Puh, ich bin fertig. Und das ganz ohne Alkohol oder sonstige Neujahrs „Traditionen“. Seit vorgestern versuche ich verzweifelt Geld von meinem (noch ziemlich vollen) Konto abzuheben und die meisten Geldautomaten stellen sich völlig quer. Andere geben mir gerade mal 50 Euro und danach gar nichts mehr. Zu allem Überfluss sind nun vom 1.1 bis zum 3.1 alle Geschäfte zu. Also hieß es Essenseinkäufe für die Neujahrsfeiertage am absoluten Preislimit. Und deswegen ist auch mein Neujahrsabend natürlich nicht so frei gestaltbar wie gerne gewollt. Um Kosten zu sparen, bin ich statt mit dem Bus zu fahren in die Tempel und Schreine gelaufen, was mich auf insgesamt fast 5 Stunden
Außenaufenthalt im nächtlich kalten Kyôto gebracht hat. Und die Fressbuden rund um die Tempel hatten natürlich gehörig ihre Preise angezogen. Also stand ich von 23 Uhr bis 24 am Heian Jingu für das erste Neujahrsgebet an, bin dann einmal quer durch die Stadt zum Shimogamo Jinja, weil es dort erstens eine großes Lagerfeuer und zweitens die schönsten Dämonenpfeile gab. Außerdem habe ich an einem kleinen Schrein in der Nähe eine Holzplatte so gut es ging mit meinem Gesicht bemalt und im Schrein aufgehängt.
Hmmm, morgen gibt es ein Fußballspiel von Priestern in traditioneller Kleidung… das ist bestimmt einen Blick wert. Heute gab es einen antiken Flohmarkt, aber ohne Geld ist es besser garnicht erst hinzugehen. Außerdem warten noch Tonnen von Arbeit auf mich. Die großen Prüfungen sind bald, und Präsentationen und Hausarbeiten sind auch noch vorzubereiten. Oh, die schönen Dinge im neuen Jahr >.<
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