Freitag, 13. Januar 2012

Ich werde zu alt für diesen Mist die Zweite

Gestern war kein schöner Tag. Warum? Weil mir wieder einmal die gesamte Ladung japanischer Ausländerablehnung entgegen geschlagen ist. Und das, von allen Orten, ausgerechnet in der Uni.

Ich war eigentlich nur im Büro für ausländische Studenten aufgeschlagen, um einige Punkte eines Fragebogens genauer zu besprechen, als plötzlich so ziemlich alles schief ging, was schief gehen konnte. Auf die Frage, wann ich denn in mein Heimatland zurückfliegen würde, antwortete ich wahrheitsgemäß, dass meine Anreise erst im August anstünde. Oh, welch Frevel. Plötzlich wurde ich umringt von drei Sachmitarbeitern, die mir hintereinander immer wieder die gleichen Fragen stellten. Wann reisen Sie aus? Was machen Sie in der Zwischenzeit? Warum reisen Sie nicht aus? Langsam wurde der Ton der Konversation schärfer.

Ich solle sofort nach der Exmatrikulation (März) ausreisen. Ich wäre dann nicht mehr in Japan geduldet. Ich fiel aus allen Wolken und versuchte händeringend zu erklären, dass das Visum in meinem Pass aber bis September gültig sei. Das schien ihnen aber völlig egal zu sein. Nein, mein Visum sei unwiderruflich an mein Studium an der Dôshisha Universität gekoppelt, und sobald diese mich exmatrikuliere, müsste ich das Land verlassen. Sie gingen sogar soweit, mir zu drohen, ich würde zu einem Illegalen Einwanderer werden und Einreiseverbot nach Japan bekommen.

Völlig verstört und panisch verließ ich das Büro. Eine Krisensitzung mit den anderen Deutschen Studenten später ging es nach Hause, um erst einmal weitere Informationen einzuholen. Die erste Anlaufstelle? Das deutsche Generalkonsulat in Ôsaka. Dort hatte ich so ungefähr 5 Japaner an der Strippe, die alle kein wirkliches Deutsch sprachen. Schon toll, in einem deutschen Konsulat. Nachdem ich also jedem dieser Personen mein Problem kurz in Japanisch geschildert hatte und das Prepaid Guthaben immer geringer wurde, kam ich endlich bei einem Deutschen raus. Der erklärte mir dann strikt, dass mir hier keiner helfen könne. Die Ausstellung und der Status meines Visums wäre Sache Japans und davon hätten sie erstens keine Ahnung und zweitens keine Zuständigkeit. Na super. Nach etwas mehr Nachharken und Jammern war er dann aber bereit, mir die zuständige japanische Behörde rauszusuchen und mir den Ort in einer Mail mitzuteilen. Zehn Minuten später erhielt ich die Mail auch mit den Angaben, unterschieben vom Generalkonsul. Hätte ich das gewusst, wäre ich ihm doch nicht so auf die Nerven gegangen.

Aber nun galt es zunächst, zur zuständigen Immigrationsbehörde zu fahren. Die könnten Englisch, meinte der Generalkonsul. Na hoffentlich! Nicht, dass ich ein völliger japanischer Analphabet wäre, aber solche wichtigen Angelegenheiten mit schwierigen Fachworten will ich zu 100 Prozent verstehen können. Im Immigrationsbüro war dann natürlich keiner, der anständige englische Sätze formen konnte, doch fest damit rechnen konnte ich sowieso nicht. Also erkläte ich dem (noch) freundlichen Herren mein Dilemma und erbitte Informationen. Danach begann eine aufreibende Stunde voller Diskussion. Ja, Japan bittet mich so schnell wie möglich nach meiner Exmatrikulation zu gehen, und mit dieser würde auch meine Arbeitserlaubnis erlöschen. Aber da Japan ja sehr großzügig ist, gäbe es mir noch drei Monate nach Ablauf meine Immatrikulation, um meine Heimreise vorzubereiten. Danach bitte mich Japan aber, zu gehen.  Und eine Umschreibung auf ein „Work and Travel“ Visum würde auch nicht gehen, da dessen Beantragung und Ausstellung von Deutschland aus geschehen muss. Also gab es nur eine Möglichkeit: Die Firma, die mich einstellt, musste für mich bürgen und mir ein Arbeitsvisum beschaffen. Na super. Und was war jetzt mit dem Status des Illegalen? Nach einer sehr aufreibenden Diskussion hatte der Japaner anscheinend Mitleid mit mir. Er sagte: Hören Sie mir bitte GENAU zu. Japan BITTET Sie zu gehen.

Ich blinzelte einmal, zweimal, dreimal und ging im Geiste noch mal die gelernten Abstufungen zwischen einer Bitte, einer starken Bitte, einem Befehl und einem Gesetz durch. So langsam wurde mir klar, worauf das hier hinauslief. „Also,…“, begann ich, und versuchte die Formulierung genau zu bedenken. „Also, Japan BITTET mich zu gehen.“ Stürmisches Nicken von japanischer Seite. „Aber weil mein Visum noch bis September gilt, werde ich erst ILLEGAL und breche ein GESETZ, wenn ich länger als September bleibe. Davor MUSS ich nicht gehen?“ Er atmete spürbar aus, versicherte mir noch einmal, das Japan mich bittet zu gehen, wiederholte aber auch meinen Satz noch einmal zur Bestätigung. Ich wollte ihm gleichzeitig an die Gurgel gehen und um den Hals fallen. Hätte er mir das nicht in den ersten fünf Minuten sagen können? Nein, anscheinend nicht. Es ist schon wirklich ein starkes Stück, wenn selbst das Büro für Immigration erstens kein Englisch spricht und zweitens die Weisung von Oben hat, bestimmte Informationen nicht direkt aussprechen zu dürfen.

Wenigstens kam am Abend noch eine Mail von der deutschen Evoniks Seite, die um einiges positiver Klang als die „wir können weder Ja noch Nein sagen“ Mail aus Japan. Nach diesem Tag war ich wirklich bedient, aber viel schlimmere Ängste und Fässer kann Japan ja jetzt auch nicht mehr aufmachen. Nur die Leute von der Dôshisha, die mich völlig unnötig so fertig gemacht haben, die versteh‘ ein anderer.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen