Mittwoch, 4. Januar 2012

Fußballer mit Hindernissen

Puh, heute ist wieder einer dieser Tage… Aber der Reihe nach. Gestern führte mich mein Weg wieder mal zum Kita no Tenmangu Jinja. Ihr wisst schon, der mit den Kühen. Natürlich schieben sich da um Neujahr die Menschenmassen durch, und wessen wunderbare Idee es war, den einzigen Zugang in einen langen, dünnen Schlauch mit Fressbuden zu verwandeln, soll meinetwegen in der Hölle schmoren. Auf diese Weise wird aus einem 5 Minuten Weg Geschupse und Gedränge von einer halben Stunde. Ein Spaß für die ganze Familie. Doch ich habe eine Aufgabe!

Jawohl, der Schirmherr des Schreins war nämlich ein berühmte Kaligraphie Künstler und deswegen kommen die Japaner hier her, um das erste Schriftzeichen im neuen Jahr mehr oder weniger kunstvoll aufs Papier zu bringen. Und da bin ich natürlich mit dabei. Nachdem ich also ein paar Bögen erstanden habe und mich an einen der Tische niederließ (natürlich auf den Knien, weil Stühle sind ja so schrecklich modern und ein ordentliches Schriftzeichen entsteht nur mit Krampf in den Beinen!)  entdecke ich meinen Fehler. Man bringt seinen eigenen Pinsel mit! Na super, doch da sich schon eine kleine Gruppe von neugierigen Japanern mit viel zu großen Kameras um meinen Platz gebildet hat, ist die Rettung nicht weit. Dankend nehme ich Pinsel von einem benachbarten Zeichner an und lege los. Ok, ist ja gar kein Druck, so mit 5 Linsen und quiekenden Japanern drum rum. Jetzt nur nicht die Strichreihenfolge vermasseln. Nach zwei beschriebenen Papierbögen gebe ich dankend die Pinsel zurück und mache mich aus dem Staub. Show beendet, der Gaijin verlässt die Bühne.


Außerdem wird heute in diesem Schrein eine Art antike Komödie aufgeführt. Leider verstehe ich nicht viel von dem bestimmt stechend scharfen Wortwitz, außer dass die Form „gazaimasu“ mit „gozaru“ ersetzt wurde und dies die umstehenden Zuschauer immer wieder zum Kichern bringt.

Heute soll es dann endlich zum „Fußballspiel“ gehen. Dieser „Sport“ – ein Mix aus Fußball und Volleyball- wird seit der Heianzeit ausgeführt und dient als Dank an die Götter. Oder deren Belustigung, je nachdem, wie man es sieht. Doch bei meiner Ankunft kann ich erst mal nichts von dem Spektakel sehen. Warum machen sie sowas nicht auf einer Erhöhung? So können wirklich nur die ersten 4 Reihen irgendwas erkennen, während hinter ihnen alles nach vorn drängt. Doch ich muss meinem Frust gar nicht selbst Luft machen, das erledigt schon ein kleines Mädchen neben mir. Sie springt auf und nieder, bemerkt aller 5 Sekunden „Ich kann gaaaaaaarnichts sehen!“ und ist des weiteren mit Jammern und Ningeln beschäftigt. Gut, die ersten paar Minuten ist es süß, dann sehr… und ich betone SEHR nervig! Doch es gibt zum Glück noch andere Ablenkungen, während auf dem Spielfeld Gott weiß was passiert. Zum Beispiel zwei Jungs zu meiner Linken, die sich in Zeichensprache unterhalten. Ob japanische Zeichensprache andere Symbole hat als deutsche?

Ein älterer Herr vor mir verwickelt mich schließlich in ein Gespräch, und versichert, dass bald die ersten Reihen genug Bilder geschossen hätten, um uns armen Schweinen weiter hinten Platz zu schaffen. Naja, ob das stimmt? Doch mit ihm als Gesprächspartner lasse ich mich weder vom plötzlich aufkommenden Wind noch von dem langsam einsetzenden Schneegestöber (wirklich, die ersten Fotos noch strahlend blauer Himmel, und dann weiße Pracht!) vertreiben. Stetig schieben wir uns in der Masse nach vorn und teilweise beobachten wir das Spektakel einfach durch die Kameras der Zuschauer vor uns! Nachdem wir endlich freie Sicht auf das Spektakel haben und genug Fotos geschossen wurden, läd‘ mich der ältere Herr noch zum Essen ein. Ich weiß nicht, warum immer ich die älteren Herren aufgable, aber wenigstens vergeht dieser Ausflug ohne plötzlichen Heiratsantrag. Nein, wir unterhalten uns sogar sehr gut über Deutschland, Japan, Haiku, Gedichte und der gleichen. Danach komme ich auf dem Weg nach Hause dann ins richtige Schneegestöber. Das Fahrrad auf den letzten Bildern ist übrigens mein Neues.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen