Ich habe meinen ersten Arbeitstag überlebt. Aber nur knapp. Der Tag fing schon relativ „interessant“ an, mit einem Erdbeben der Stärke 3. Diesmal war währenddessen genug Zeit, um von „das Haus wackelt, warum wackelt das Haus“ über „Oh, ERDBEBEN!“ bis zu „Ich sollte mir langsam einen stabil aussehenden Türrahmen suchen“ zu kommen. Es gab keine größeren Schäden, außer der Verschlussklappe unserer Waschmaschine. Die ist jetzt Zweiteilig.
Der Weg zur Arbeit hat mich heute mit der „späten“ Rushhour gegen 9 Uhr morgens bekannt gemacht. In die, nach meinem Verständnis, volle U-Bahn, passen noch 10 Japaner plus eine Deutsche, was an sich nicht schlimm ist, wenn nicht bei jeder Haltestelle noch mindestens 10 neue Japaner an meiner Tür einsteigen würden. Sardinen haben mehr Platz in ihrer Büchse!
Im 12. Stock des Monolith Buildings angekommen, werde ich mal wieder in einen Konferenzraum geführt. Als erstes treffe ich dort auf die anderen Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung. Wir sind insgesamt 3 Leute. Mein früherer Vorstellungsgesprächpartner (anscheinend im Büro als „der Riese“ bekannt), eine nette Japanerin, und ich. Anscheinend werde ich auf jeden Fall die Fabrikstandorte kennenlernen, eine Führung bei der Asahi Shinbun (japanische Zeitung) bekommen und mit den beiden Akihabara unsicher machen. Außerdem soll ich jede Woche einen Praktikumsbericht in Japanisch veröffentlichen. Also, zum Kaffeekochen und Kopieren haben die mich hier wirklich nicht eingestellt.
Als nächstes habe ich ein Gespräch mit einer Mitarbeiterin aus Human Resources, die mit mir zusammen eine ganze Menge Papierkram ausfüllt, und mir meine persönliche Key Card überreicht. Außerdem bekomme ich von einen eigenen Stapel Visitenkarten. Als ich ihr gleich eine überreichen möchte, gleich der erste Fehler. Nein, man muss die Visitenkarte so ausstrecken, das der andere schon beim Überreichen alles lesen kann. Na gut, hoffentlich ist das nicht gleich ein Kündigungsgrund.
Danach geht es zum Mittagessen mit der Leiterin von Human Resources und dem anderen neuen Mitarbeiter, einem erfahrenen Salariman, der nach fast 30 Jahren bei einer Firma jetzt zu dieser Firma gewechselt hat. Wir sind beide damit ein bisschen die Außenseiter, denn ein solcher Jobwechsel ist in Japan immer noch ungewöhnlich. Wir essen gut in einem Steakrestaurant und halte mich bei allen Sachen an meinen Mitstreiter, der ja in diesen Sachen Erfahrung haben sollte. Die nächste Einführung haben wir auch zusammen, und ich orientiere mich weiter an dem anderen neuen Mitarbeiter. Was bin ich froh, dass wir nicht beide blutige Berufsanfänger sind. Er stellt viele Fragen, auf die ich so nicht gekommen wäre.
Das Büro ist irgendwie einem Irrgarten nachempfunden. Mehr als einmal wandere ich alleine durch die Gänge und finde mich plötzlich in einer Sackgasse wieder. Wer baut Büroetagen mit Sackgassen? Mit meinem Orientierungssinn einer Scheibe Toastbrot könnte das noch interessant werden. Wir bekommen die Telefonanlage erklärt(hoffen wir, dass nie jemand mit mir reden will), eine Führung durch die Etage (um von Area A zu Area C zu gehen, konsultiere man die Karte und drehe sich im Kreis bis jemand zur Hilfe eilt >.<) und ich werde schließlich zu den IT Leuten geschickt. Die sind von den restlichen Mitarbeitern durch die cool verstrubbelt gegeelten Haare zu unterscheiden. Und sie können mir die IT Einführung in Englisch anbieten. Japanisches Englisch, aber wenigstens Englisch. Zum Glück kenne ich die Programme und Systeme der Firma schon aus Deutschland, sonst wäre das noch ein zusätzlicher Verwirrungsfaktor.
Nach dieser Einführung werde ich dann vorläufig an meinem Platz allein gelassen. Ich gebrauche absichtlich das Wort „Platz“ und nicht „Büro“, weil die gesamte Belegschaft in einem Großraumgbüro ohne Trennwände oder Abgrenzungen nebeneinander sitzt. Somit verstehe ich auch den Satz meines IT Menschen, der meinte: „Wenn du auf falsche Seiten gehst, dann sehe ich das!“ Er sitzt genau HINTER mir! Irgendwie macht mich das noch nervöser.
Ich arbeite dann eine Weile an meiner Kurzvorstellung, die ins Interanet gestellt werden soll, und werde dann von einer Mitarbeiterin entführt. Die Mitarbeiter meiner Abteilung (wir erinnern uns, zwei an der Zahl) sind ab vier Uhr wegen einer Konferenz außer Haus, weswegen diese Mitarbeiterin mich noch zu einem Informationscenter bringt, das viele Karten und Brochüren über Tôkyô hat, bevor ich für heute entlassen bin. Völlig platt komme ich schließlich wieder zuhause an. Ich bin geschafft, und morgen geht es von 9:30 bis 18 Uhr wieder los. Himmel hilf, ich bin im Arbeitsleben angekommen. Wünscht mir Glück für die nächsten Tage, ich werde es brauchen!
Heute ging, bis aus die Einführung von IT, alles in Japanisch über die Bühne. Obwohl fast jeder Mitarbeiter, mit dem ich heute sprach, irgendwann im englischsprachigen Ausland war, musste ich nie auf die „bitte übersetzen Sie mir das auf Englisch“ Variante zurückgreifen. Ich habe alles mehr oder weniger auf Japanisch verstanden. Das verbuche ich jetzt einfach mal als Erfolg. Auch, wenn ich natürlich nicht weiß, ob ich immer höflich genug war oder die richtigen Antworten gegeben habe.
PS: Aber jetzt im Ernst. Meine beiden Kollegen sind wirklich super. Sie haben mir sofort einen warmen Empfang bereitet (bevor ich zu den ganzen Einführungen geschleift wurde). Und sie haben Humor. Als klar wurde, dass ich sehr wohl mit etwas Zeit japanische Texte lesen kann, wurde sofort der Plan gefasst, mich eine Zeitung lesend irgendwo zu positionieren, wo ich unschuldige japanische Mitarbeiter erschrecken kann. ;)
PS: Aber jetzt im Ernst. Meine beiden Kollegen sind wirklich super. Sie haben mir sofort einen warmen Empfang bereitet (bevor ich zu den ganzen Einführungen geschleift wurde). Und sie haben Humor. Als klar wurde, dass ich sehr wohl mit etwas Zeit japanische Texte lesen kann, wurde sofort der Plan gefasst, mich eine Zeitung lesend irgendwo zu positionieren, wo ich unschuldige japanische Mitarbeiter erschrecken kann. ;)
Hey Tina,
AntwortenLöschenGlückwunsch zum Überleben des ersten Tags! ;-)
"Wer baut Büroetagen mit Sackgassen?" Haha, diese Irrgärten gibts fast überall.
Aber warte mal: Die IT Leute sind cool?? Mit gegelten Haaren??!??! Die japanische Kultur ist fremdartiger als ich dachte... hehe
Wollen wir am WE mal skypen? Benny fragt schon immer nach dem Tantchen.
Ich schließe mich den Glückwünschen an!
AntwortenLöschenIm Büro wirst du dich schon noch schnell genug zurecht finden. Am Anfang ist das alles erst mal viel. Und du kannst ganz furchtbar stolz auf dich sein! Du hast nicht nur einen Job im Ausland bekommen, du kannst auch gut genug Japanisch um nicht nur zu kopieren.
Viel Spaß auf Arbeit also!
Glückwunsch zum erfolgreichen ersten Arbeitstag. Klingt doch alles sehr spannend! Viel Glück morgen. Wir sind ganz gespannt auf deinen nächsten Bericht!
AntwortenLöschen