Manch einer wird sich fragen, warum meine letzten Einträge so kurz und knappp waren. Ganz einfach, ich bin hart arbeiten anscheinend wirklich nicht mehr gewöhnt. Wenn ich mich abends nach den Überstunden in die U-Bahn schmeiße, die Treppen der Station, zu meiner Eingangstür und schließlich zu meinem Zimmer hochgestiegen bin, kann man meinen Zustand irgendwo zwischen „müüüüüüüüde“ und „huuuungrig“ einordnen. Wirklich, ich komme nach Hause, dusche, und schlafe. Zu viel mehr ist mein Körper nicht fähig. Aber wenigstens nehme ich ab. Das ist doch auch schon was.
Ich muss deswegen nochmal auf gestern verweisen, weil ich eine schöne Geschichte aufgrund alternativlosen Schlafens vergessen hatte. Ich nenne sie: „10 Angestellte und ein grüner Stuhl“ Man stelle sich folgende Szene vor. Es naht die Mittagspause. Die meisten Kollegen arbeiten angestrengt an ihrem PC, da schiebt eine Mitarbeiterin aus dem Personalmanagment einen auffallend grünen Bürostuhl herein. Sofort hat jeder –unauffällig- das neue Mobiliar im Auge und reckt –unauffällig- den Hals für eine bessere Sicht. Das allumfassende Tippgeräusch wird plötzlich um einiges leiser. Die verantwortliche Mitarbeiterin wird sich ihrer unerwarteten Bühne bewusst, lacht einmal kurz verlegen in die Runde, und macht sich schnell aus dem Staub. Der Stuhl –immer noch ungewöhnlich grün- bleibt aber mitten im Hauptgang stehen. Während die meisten Anwesenden immer noch Stielaugen machen, braucht es nun nur noch einen Funken, einen Startschuss, nachdem sich jeder ohne unhöflich zu sein mit dem Sitzmöbel auseinander setzen kann.
Auftritt: Aiko. Aiko ist in Accounting, und hat einen Teil ihrer Kindheit in Amerika verbracht. Von ihr wird deswegen immer irgendwie eine nicht ganz regelkonforme Verhaltensweise erwartet. Und Aiko ist sich ihrer Rolle in diesem kleinen Drama mehr als bewusst. Sie steht auf, läuft auf den Stuhl zu, und setzt sich demonstrativ hinein. Das ist anscheinend Startschuss genug, denn sobald ihr Hintern den Stuhl auch nur berührt hat, sind schon mindestens sechs weiter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgesprungen, und begutachten das grüne Objekt der Begierde. Jeder darf sich mal setzen, an den verschiedenen Hebeln ziehen und generell Mutmaßungen über den Verwendungszweck des Stuhls anstellen. Noch den ganzen Tag lang sehe ich immer wieder Grüppchen von Mitarbeitern sich um den Stuhl versammeln, bis ich nach Hause gehe. Heute war er dann wie vom Erdboden verschluckt.
Ich habe heute mein Interview eigentlich ganz gut über die Bühne gebracht. Der Interviewpartner war freundlich, hat langsam genug gesprochen, und sehr Beispielhaft alles erklärt. Ich habe schon eine Outline für den Artikel geschrieben und mit dem japanischen Text anfangen können, also alles soweit in Ordnung. Ich bin immer noch überrascht, dass ich anscheinend einigermaßen in der Lage bin, einen Artikel über Lithium Ionen Batterien und Elektroautos zu schreiben, in Japanisch.
Das Mittagessen mit den Accounting Damen im Yakiniku Restaurant musste ich heute leider absagen. Das war mir mit dem Interview, was gleich im Anschluss an die Mittagspause stattfinden sollte, etwas zu heiß. Wir haben es auf nächste Woche verschoben. Dafür habe ich heute mit meiner Kollegin den Gebäudesupermarkt (eigentlich ein ganzes Stockwerk mit etlichen Bento Läden) besucht und dann in der Firmenküche Mittag gegessen. Schnell war eine nette Damenrunde versammelt, und die Gespräche verliefen gewohnt leicht und locker, bis das Thema auf das große Erdbeben kam. Die gesamte Filiale wurde evakuiert und ist ins Inland geflohen, und was mir diese Frauen erzählt haben, was sie erlebt haben, das kann ich kaum glauben. Es ist denke ich bezeichnend, dass einigen die Tränen in den Augen standen. Ich hoffe wirklich, dass sie so etwas nicht noch einmal erleben müssen.
Sicher interessant für dich, unter welchem Hintern der grüne Stuhl mal wieder auftaucht, hi.hi!
AntwortenLöschenHoffen wir, dass nicht nur die Kollegen ein solches Erdbeben nicht noch einmal erleben müssen!
Die Geschichte hat definitv prosaische Qualitäten. Solltest du mal einen Karrierewechsel in die Literatur beabsichtigen, solltest du auf alle Fälle eine Kurzgeschichte über den grünen Börostuhl verfassen. Unzählige Interpretationsmöglichkeiten, Metaphern, Symbolik. Daraus kann man was machen ^_~
AntwortenLöschenAm Wochenende war eine Bekannte da, die zum großen Erdbeben gerade in Matsushima war. Quasi dem einzigen Ort an der Sanriku-Küste, der nicht verwüstet wurde. Da kann einem schon ganz schön mulmig werden...