Puh, diese Sprachkurse sind wirklich nichts für Weicheier. Als wir an diesem (wie vorhergesagt) stickig warmen Dienstag in unseren Klassenraum taumeln, herrscht darin eine humide Hitze, die der Außenwelt noch Konkurrenz macht. Also sind wir natürlich erstmal sehr froh, als unser Sensei beim Eintreten sofort zur Klimaanlage stürzt und diese anschmeißt.
Was wir dabei nicht bedacht haben? Sensei trägt einen langen Wollpullover! Und wurzelt deswegen die Ventilatoren auf ihre Höchstleistung hoch. Kaum 10 Minuten später bibbert die Hälfte der Klasse, allesamt ohne Jacke, in kurzen Hosen und Tops erschienen. Die Raumtemperatur sinkt bemerkenswerter Weise auf fast 18 Grad. Machen wir uns also alle ein paar warme Gedanken. Und die Inhalte lassen meine grauen Zellen wirklich glühen.
Grammatische Erklärungen von für mich nur ansatzweise bekannten Formulierungen, und ein Typ direkt in der ersten Reihe vor dem Dozentenpult, der Sensei zu mehr Schnelligkeit antreibt. Dieser Kerl... *grummel* *fluch* … es ist ja schön, wenn er die ganzen Sachen schon kann, oder vielmehr nicht zugeben möchte, etwas nicht zu verstehen, aber ich hätte schon gerne wenigstens die Chance, Fragen zu stellen. Doch da jede Frage nach Unverständnis seitens Senseis von unserem Lehrerpet Nummer 1 mit einem lauten „Nein!“ kommentiert wird, bleiben ich aus dieser Stunde etwas ratlos zurück.
Und dieser unterwürfige Tonfall, den dieser Typ jedesmal anschlägt, sobald er mit Sensei redet *zisch* *brodel* *koch*. Egal, nach der Stunde beratschlage ich mit einigen anderen, dass wir uns in der nächsten Stunde nicht so einfach unterbuttern lassen werden. Natürlich ist es nicht gerade ein tolles Gefühl, zu wissen, dass man anscheinend nicht so viel versteht oder weiß wie andere im Kurs, aber ich sehe nicht ein, mich deswegen in eine stille Ecke verkriechen zu müssen. Und es geht ja zum Glück nicht bloß mir so.
Als nächstes kommt der Konversationskurs. Und ich weiß nicht recht, wie ich diese Stunde adäquat zusammenfassen soll. Vor allem, um unserer geschätzten Lehrerin Ooyama gerecht zu werden. Sie ist laut, enthusiastisch und redet ohne Punkt und Komma einfach drauf los. Was mir an ihr besonders gefällt, ist, dass sie nicht locker lässt. Und keine Angst hat, ihren Vorlesungsplan über den Haufen zu werfen, wenn sich eine andere Möglichkeit ergibt. Eigentlich sollen wir uns ja (inzwischen zum 4. Mal) vorstellen, doch so richtig sind wir dafür nicht zu begeistern. Also springt sie direkt in eine große Debatte warum Vorstellungsrunden für uns nicht lustig wären, welche Gründe es gäbe, und wer, warum nicht vor einer großen Gruppe von Menschen reden möchte. Außerdem schafft sie es spielend, jeden im Kurs zum Reden zu bringen, und mindestens einmal dran zu nehmen. Aber nie auf diese: Jetzt muss jeder was sagen- Art, sondern mit Geschick, und ohne jemanden vorzuführen. Obwohl ich mir bei ihr wirklich nicht sicher bin: Haben wir mehr Spaß an ihr oder sie mehr Spaß an uns? Einziger Wermutstropfen? Ich werde mit der Nervensäge von eben in eine Gruppe gesteckt, und er redet mit mir genauso heuchlerisch weiter. Außerdem reißt er, sobald die Lehrerin auch nur in unsere Nähe kommt, sofort das Gespräch an sich und redet lauter. >.< Ich beginne, eine leichte Antipatie zu entwickeln.
Beim Mittagessen mit Obento im Schatten des Hofes treffe ich zwei Japanerinnen, die gleich mal zu den Clubs der Uni ausgequetscht werden. Und wie der Zufall so spielt, wir quatschen eine Weile, tauschen Handynummern aus, und verabreden uns dieses Wochenende zum Karaoke. Erfolg!
Die letzte Vorlesung hat Multikulturen und Ethnische Minderheiten in Japan zum Thema. Der Professor ist Belgier und ebenfalls wirklich Feuer und Flamme für sein Thema. Er zeigt uns ohne Kommentar Bilder verschiedener Personen, alle Hautfarben und Gesichtsformen, und fragt uns dann, was diese Menschen wohl gemeinsam haben. Viele der Personen sind oft im japanischen Fernsehen zu sehen. Die Antwort: Sie alle sind im Ausland geboren, und haben jetzt die japanische Staatsbürgerschaft. Das wird eine wirklich interessante Vorlesung werden, auch wenn der Lesestoff zu jeder Sitzung ziemlich viel ist.
Nach dem Unterricht bezahle ich meine erste Stromrechnung – 2900 Yen – und bin glücklich, das jetzt auch hinter mir zu haben. Morgen geht es dann ums Ganze. Mal sehen, wie den Studenten ihr neuer deutscher Volontär gefällt. … Ich packe mal zur Bestechung Gummibären ein.
Ach ja, du musst unbedingt mehr zu deiner Anime/Manga Vorlesung schreiben! Die klingt total spannend. Vielleicht kannst du ergründen, warum Japaner manchmal so "pädophil" sind....
AntwortenLöschenDeine Stromrechnung ist nur 2900Yen? Für einen Monat? Das ist ja echt nicht schlecht, immerhin ist die Klimaanlage echt teuer. Hast du einen Kühlschrank? Kann mich gerade nicht erinnern ob du dazu was geschrieben hattest...