Ok, der heutige Eintrag wird etwas kürzer ausfallen, denn
ich bin laut Karte über 8 Kilometer auf dem Berg Kôya-san gewandert. Warum
suche ich mir immer die schlimmsten Routen aus? Zunächst geht es frühmorgens
mit dem Zug los gen Höllenziel. Das heißt zunächst von Kôbe nach Ôsaka, von
Ôsaka im besten Berufsverkehr nach Shinimamiya, von Shinimamiya bis zur Station
Kôyasan, weiter mit einer Kabelbahn zum Eingang des eigentlichen Komplexes hoch
auf dem Berg, und schließlich mit dem Bus bis zur Touristeninformation. Man
kann sich vorstellen, ich bin schon jetzt bedient.
Die Touristeninformation vermittelt mir zum Glück ein Zimmer
in nächster Nähe, ich wuchte meinen Koffer im Tempel angekommen ein Stockwerk
höher und suche mir noch schnell eine weitere Jacke. Dabei fällt mir auf, dass
mein Hase fehlt. Ich habe ihn Kôbe vergessen. So geht das natürlich nicht. Im
Hotel angerufen, ist er zunächst unauffindbar. Dann zum Glück Entwarnung. Wenn
ich morgen meine neue Adresse in Kyôto habe, wird er mir nachgeschickt.
Mit einigen Rabattgutscheinen und dem erklärten Kampfziel,
alle Tempelkomplexe und Grabmäler heute zu Fuß zu besichtigen, geht es los. Zunächst
zum Hauptempel, dessen Inneres wunderschöne bemalte Schiebetüren hat (die man
nicht fotografieren darf!), und den größten Steingarten Japans. Außerdem gibt
es eine ganz alte Kochstelle, über der die Mönche noch heute ihre Mahlzeiten zu
besonderen Anlässen zubereiten. Die Geschichte des Gründers der gesamten
Tempelanlage Kukai wird auf den Schiebetüren wundervoll illustriert. Ganz mein
Stil, ohne Jahreszahlen macht Geschichte viel mehr Spaß!
Die nächste Station ist ein Tempelkomplex mit einigen tollen
Pagoden. In eine darf man auch rein, leider herrscht aber wieder striktes
Fotoverbot. Bei den riesigen goldenen Buddha Statuen reiße ich mich noch
zusammen, aber einen grimmig dreinblickenden Bodisattwa nebst Säulengemälde
knipse ich dann doch. In der ganzen Anlage scheint es mir, als würde ich von
Schülergruppen verfolgt. Wenigstens einmal sind sie ganz nützlich, als sie den
drehbaren Teil einer kleinen Pagode bewegen.
Am großen Eingangstor weckt ein Bergpfad meine
Aufmerksamkeit. Ich klettere und klettere, doch irgendwann kommt heraus, dass
der Pfad eine Sackgasse ist. Wie blöd!
Zurück geht es einmal quer durch die Anlage, vorbei an einem
sehr indisch aussehenden Tempel, schlafenden Buddhas am Wegesrand und einem
Tempel, der der Ehrung von Mutter und Vater gewidmet ist. Falls man die
Geschichte dieses Tempels nicht kennt und keine Hinweisschilder liest, kommt
man trotzdem nicht an der Kernaussage vorbei. Ein Mönche ruft allen
eintretenden Personen „Ehrt eure Eltern, hört auf sie! Und wenn ihr Großeltern
habt, dann ehrt diese noch viel mehr!“ zu. Gut, wäre das auch geklärt. Die
Geschichte ist dann wieder erwarten wirklich deprimierend und für mich etwas
frustrierend.
Ein junger Krieger beeindruckt einen Lord und bekommt dessen
Tochter zur Frau. Leider verliebt er sich aber während eines Gewitters in eine
andere und macht sie zu seiner Mätresse. Die beiden Frauen scheinen
oberflächlich miteinander klarzukommen, doch die Ehefrau gibt schließlich den
Mord der anderen in Auftrag. Außerdem sieht der Krieger, wie sich bei einem
Brettspiel die Haare der beiden in Schlangen verwandeln. Er sieht seinen Fehler
ein, entsagt der Welt und wandert zum Kôyasan um Mönch zu werden. Die
gefährdete Mätresse flieht aus dem Anwesen, sucht im Tempel Unterschlupf und
gebiert einen Sohn. Beide machen sich schließlich auf den Weg, den Vater des
Jungen zu suchen.
Am Kôyasan wird der
Mutter jedoch der Eintritt verwehrt, und ihr Sohn muss den Vater allein suchen.
Er fragt jeden Mönch nach seinem Vater, bis er schließlich selbigen selbst
fragt. Der Vater fürchtet jedoch, dass sein bisheriger Weg zur Erleuchtung in
Gefahr sein könnte, und sagt dem Jungen, dass der Mann, den er suche, tot sei.
Der Sohn kehrt deprimiert an den Fuße des Kôyasan zurück, nur um zu erfahren,
dass seine Mutter inzwischen verstorben ist. Er besteigt den Berg erneut, wird
zum Mönch und verschreibt sich an der Seite seines Vaters den Lehren Buddhas,
ohne bis an sein Lebensende von der wahren Identität des Mönches zu erfahren.
Nach dieser Geschichte mache ich mich auf den Weg durch die
Friedhofsanlage hinauf bis zur Grabstätte Kukais. Und dieser Weg hätte mich
beinahe geschafft. Knapp zwei Kilometer stetig bergauf, über Treppen und
Huckelpiste. Nur ein vorbeieilender Mönch zwingt mich schließlich, nicht
vorzeitig aufzugeben. Leider herrscht in der gesamten Grabanlage des Gründers
mal wieder Fotoverbot. Aber es gibt ganz viele leuchtende Laternen, die
darstellen sollen, dass Kukai in Ewigkeit meditiert und über seine Schüler
wacht.
Den Rückweg schaffe ich dann auch irgendwie, und komme
zeitgleich mit dem Mönch am Eingang der Grabanlage an. Wir nicken uns zu, er
segnet mich, und geht dann seinen Weg. Jetzt werde ich erst einmal im Bad
einweichen, und danach diesen Eintrag und die Bilder hochladen. Internet gibt
es nämlich, aber nur in der Lobby. Bleibt nur noch die Frage, ob ich es morgen
früh um 5:55 Uhr schaffe, zur Morgenzeremonie zu erscheinen. Einmal muss man
das ja doch mal mitgemacht haben, oder?
Hach ja der Koya-san. Wie schön er doch ist. Für mich eine der japanischsten Ecken Japans. Ich mag das es so ausgedehnt ist und nicht von einer großen Stadt eingekesselt. Akasuka oder der Kyomizudera sind total schön aber man ist so schnell wieder in der Metropole. Da kann man am Koya noch richtig entspannen.
AntwortenLöschenAber da es eine Pilgerstätte ist, muss man natürlich Beinarbeit leisten. Ohne Schweiß kein Nirvana oder so ähnlich. Immerhin bist du an den Gedenktafeln aller wichtigen Japaner vorbei gelaufen. Wenn man jetzt noch die Namen lesen könnte....