Mittwoch, 30. Mai 2012

Kôya-san


Ok, der heutige Eintrag wird etwas kürzer ausfallen, denn ich bin laut Karte über 8 Kilometer auf dem Berg Kôya-san gewandert. Warum suche ich mir immer die schlimmsten Routen aus? Zunächst geht es frühmorgens mit dem Zug los gen Höllenziel. Das heißt zunächst von Kôbe nach Ôsaka, von Ôsaka im besten Berufsverkehr nach Shinimamiya, von Shinimamiya bis zur Station Kôyasan, weiter mit einer Kabelbahn zum Eingang des eigentlichen Komplexes hoch auf dem Berg, und schließlich mit dem Bus bis zur Touristeninformation. Man kann sich vorstellen, ich bin schon jetzt bedient.

Die Touristeninformation vermittelt mir zum Glück ein Zimmer in nächster Nähe, ich wuchte meinen Koffer im Tempel angekommen ein Stockwerk höher und suche mir noch schnell eine weitere Jacke. Dabei fällt mir auf, dass mein Hase fehlt. Ich habe ihn Kôbe vergessen. So geht das natürlich nicht. Im Hotel angerufen, ist er zunächst unauffindbar. Dann zum Glück Entwarnung. Wenn ich morgen meine neue Adresse in Kyôto habe, wird er mir nachgeschickt.

Mit einigen Rabattgutscheinen und dem erklärten Kampfziel, alle Tempelkomplexe und Grabmäler heute zu Fuß zu besichtigen, geht es los. Zunächst zum Hauptempel, dessen Inneres wunderschöne bemalte Schiebetüren hat (die man nicht fotografieren darf!), und den größten Steingarten Japans. Außerdem gibt es eine ganz alte Kochstelle, über der die Mönche noch heute ihre Mahlzeiten zu besonderen Anlässen zubereiten. Die Geschichte des Gründers der gesamten Tempelanlage Kukai wird auf den Schiebetüren wundervoll illustriert. Ganz mein Stil, ohne Jahreszahlen macht Geschichte viel mehr Spaß!

Die nächste Station ist ein Tempelkomplex mit einigen tollen Pagoden. In eine darf man auch rein, leider herrscht aber wieder striktes Fotoverbot. Bei den riesigen goldenen Buddha Statuen reiße ich mich noch zusammen, aber einen grimmig dreinblickenden Bodisattwa nebst Säulengemälde knipse ich dann doch. In der ganzen Anlage scheint es mir, als würde ich von Schülergruppen verfolgt. Wenigstens einmal sind sie ganz nützlich, als sie den drehbaren Teil einer kleinen Pagode bewegen.

Am großen Eingangstor weckt ein Bergpfad meine Aufmerksamkeit. Ich klettere und klettere, doch irgendwann kommt heraus, dass der Pfad eine Sackgasse ist. Wie blöd!

Zurück geht es einmal quer durch die Anlage, vorbei an einem sehr indisch aussehenden Tempel, schlafenden Buddhas am Wegesrand und einem Tempel, der der Ehrung von Mutter und Vater gewidmet ist. Falls man die Geschichte dieses Tempels nicht kennt und keine Hinweisschilder liest, kommt man trotzdem nicht an der Kernaussage vorbei. Ein Mönche ruft allen eintretenden Personen „Ehrt eure Eltern, hört auf sie! Und wenn ihr Großeltern habt, dann ehrt diese noch viel mehr!“ zu. Gut, wäre das auch geklärt. Die Geschichte ist dann wieder erwarten wirklich deprimierend und für mich etwas frustrierend.

Ein junger Krieger beeindruckt einen Lord und bekommt dessen Tochter zur Frau. Leider verliebt er sich aber während eines Gewitters in eine andere und macht sie zu seiner Mätresse. Die beiden Frauen scheinen oberflächlich miteinander klarzukommen, doch die Ehefrau gibt schließlich den Mord der anderen in Auftrag. Außerdem sieht der Krieger, wie sich bei einem Brettspiel die Haare der beiden in Schlangen verwandeln. Er sieht seinen Fehler ein, entsagt der Welt und wandert zum Kôyasan um Mönch zu werden. Die gefährdete Mätresse flieht aus dem Anwesen, sucht im Tempel Unterschlupf und gebiert einen Sohn. Beide machen sich schließlich auf den Weg, den Vater des Jungen zu suchen.

 Am Kôyasan wird der Mutter jedoch der Eintritt verwehrt, und ihr Sohn muss den Vater allein suchen. Er fragt jeden Mönch nach seinem Vater, bis er schließlich selbigen selbst fragt. Der Vater fürchtet jedoch, dass sein bisheriger Weg zur Erleuchtung in Gefahr sein könnte, und sagt dem Jungen, dass der Mann, den er suche, tot sei. Der Sohn kehrt deprimiert an den Fuße des Kôyasan zurück, nur um zu erfahren, dass seine Mutter inzwischen verstorben ist. Er besteigt den Berg erneut, wird zum Mönch und verschreibt sich an der Seite seines Vaters den Lehren Buddhas, ohne bis an sein Lebensende von der wahren Identität des Mönches zu erfahren.

Nach dieser Geschichte mache ich mich auf den Weg durch die Friedhofsanlage hinauf bis zur Grabstätte Kukais. Und dieser Weg hätte mich beinahe geschafft. Knapp zwei Kilometer stetig bergauf, über Treppen und Huckelpiste. Nur ein vorbeieilender Mönch zwingt mich schließlich, nicht vorzeitig aufzugeben. Leider herrscht in der gesamten Grabanlage des Gründers mal wieder Fotoverbot. Aber es gibt ganz viele leuchtende Laternen, die darstellen sollen, dass Kukai in Ewigkeit meditiert und über seine Schüler wacht.

Den Rückweg schaffe ich dann auch irgendwie, und komme zeitgleich mit dem Mönch am Eingang der Grabanlage an. Wir nicken uns zu, er segnet mich, und geht dann seinen Weg. Jetzt werde ich erst einmal im Bad einweichen, und danach diesen Eintrag und die Bilder hochladen. Internet gibt es nämlich, aber nur in der Lobby. Bleibt nur noch die Frage, ob ich es morgen früh um 5:55 Uhr schaffe, zur Morgenzeremonie zu erscheinen. Einmal muss man das ja doch mal mitgemacht haben, oder?

1 Kommentar:

  1. Hach ja der Koya-san. Wie schön er doch ist. Für mich eine der japanischsten Ecken Japans. Ich mag das es so ausgedehnt ist und nicht von einer großen Stadt eingekesselt. Akasuka oder der Kyomizudera sind total schön aber man ist so schnell wieder in der Metropole. Da kann man am Koya noch richtig entspannen.

    Aber da es eine Pilgerstätte ist, muss man natürlich Beinarbeit leisten. Ohne Schweiß kein Nirvana oder so ähnlich. Immerhin bist du an den Gedenktafeln aller wichtigen Japaner vorbei gelaufen. Wenn man jetzt noch die Namen lesen könnte....

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