Ich werde nie wieder etwas gegen Japaner sagen. Ok, das ist
vielleicht etwas zu hoch gegriffen, aber wenn ich mir das nächste Mal aufrege,
dann ruft mir bitte diesen Tag ins Gedächtnis. Aber der Reihe nach.
Als ich mich morgens am Chitose Bahnhof in die Regionalbahn
nach Sapporo werfe, schüttet es aus Kannen. Dies bedeutet zwar einerseits, dass
es meinem Sonnenbrand immer besser geht, andererseits aber auch, dass mein
Koffer auf dem Weg zum Bahnhof völlig durchnässt. Schließlich ist man als
reisender Student mit Monsterkoffer grundsätzlich geizig und ignorant im Bezug
auf Entfernungen. Die Regionalbahn schaukelt dann knapp 2 Stunden vor sich hin,
und ich lerne so tolle Ort wie „Kami-Nopporo“ kennen. Irgendwie find ich den
Namen lustig. Vor allem, weil er sich in der englischen Durchsage plötzlich in „KaMI
NOpporo“ verwandelt.
In Sapporo angekommen, schleppe ich meinen Koffer erst einmal
zur Touristeninformation. Dort ergattere ich eine Karte von Sapporo und treffe
einen „Greeting Volonteer“, also praktisch einen Volontär, der Touristen in
Sapporo begrüßt. Sowas müsste man in Deutschland auch mal einführen. Der nette
Herr mit riesigem Rauschebart bringt mich dann sogar bis zu Big Camera. Mein
iPod hat sich nämlich gestern Abend völlig verabschiedet, und nirgends habe ich
auf meiner Reise wohl wieder so viele Möglichkeiten ihn zu ersetzen, wie in
Sapporo. Also schleife ich mein riesiges rotes Koffermonstrum durch die
Elektronikartikel und greife mir schließlich einen Mitarbeiter, der nicht
schnell genug die Flucht ergreifen kann.
Als dieser sich dann mein Dilemma angehört hat, zeigt er mir
nicht nur den Weg zum nächsten Apple Store, sondern –mit einem mitleidigen
Blick auf meinen Koffer- auch noch den schnellsten Weg per öffentlichen
Verkehrsmitteln zu meinem Hotel. Neuer Plan: Auf zum Hotel, Koffer abgeben, zum
Apple Store und wieder Mitarbeiter volljammern. Auf dem Weg zum Hotel treffe
ich dann wiedermal einen älteren Herren, der gar nicht müde wird zu erzählen,
wie gern die Japaner seiner Generation uns Deutsche doch hätten. Und das „wir“
damals ja fast den Krieg gewonnen hätten. Ich rolle mit den Augen und
verabschiede mich. Das Hotel ist klein aber fein. Leider hat es keinen Aufzug.
Doch das ist kein Problem für mich, weil der Mann in der Lobby meinen Koffer
bis zum Zimmer trägt. Auf halber Strecke fragt er mich noch, ob ich denn in dem
Monstrum meinen Boyfriend versteckt hätte. Ich lache nur und meine, dass das
alles nur Andenken sind.
Kofferlos und fast restlos glücklich geht es als nächstes zum Apple Store. Der Mitarbeiter am Eingang hat, wie es sich herausstellt,
in Köln studiert und besorgt mir den nächsten freien Platz am Helpdesk. Dort
kommt dann eine Japanerin auf mich zu, die erst einmal nur „No English“ von
sich gibt. Ich sage ihr, dass wir dieses Gespräch auch auf Japanisch hinkriegen
und schildere ihr mein Problem. Sie prüft meinen iPod auf Herz und Nieren,
probiert all das, was ich auch schon probiert habe, und kommt schließlich
leider zu der gleichen Diagnose. Kaputt. Nun verrät die Nummer meines iPods ihr
leider, dass meine Garantie schon vor einem Jahr abgelaufen ist. Aber sie kann
mir anbieten, die Festplatte des iPods gegen knapp 100 Euro auszutauschen.
Immer noch 100 Euro billiger als einen neuen zu kaufen. Leider sei die
Festplatte aber nicht im Geschäft auf Lager und müsste bestellt werden.
Liefertermin ungewiss. Ich mache ein trauriges Gesicht, erzähle ihr von meiner
Reise und jammere vor mich hin. Außerdem streue ich immer wieder mal ein „Komaru
na…“ ein.
Sie nickt mir schließlich zu und meint, sie würde mal mit
ihrem Vorgesetzten sprechen. Das tut sie dann auch, fast eine halbe Stunde
lang. Schließlich stößt auch der Kölner Student zu den beiden und alle
diskutieren anscheinend angestrengt. Leider kann ich nichts hören. Schließlich
ist man jedoch augenscheinlich zu einer Entscheidung gelangt, und ich blicke in
drei strahlende Augenpaare. Mit zwei Verbeugungen überreicht mir der
Vorgesetzte einen nagelneuen iPod und zwinkert mir zu. Da der Standort mir
nicht die erforderlichen Teile zur Reparatur bereitstellen kann, muss man mir
LEIDER einen neuen iPod als Ersatz anbieten. Und da dies eine große
Unannehmlichkeit für mich wäre, würde man mir dieses Gerät natürlich nicht in
Rechnung stellen. Ich blinzele, greife mir den iPod, verbeuge mich geschätzte
20 Mal mit jeder Dankesfloskel, die ich irgendwo mal gehört habe, und verlasse
den Laden, bevor die Mitarbeiter es sich noch anders überlegen.
Nun in bester Laune, mache ich mich noch einmal auf zur
Touristeninformation. Fast eine Stunde lang plane ich dort mit den geballten Kräften
der anwesenden Damen der Information meine weiteren Ausflüge. Der Zoobesuch,
die Käsefabrik und das Glasbläserdorf stehen schon einmal. Morgen soll es aber
leider noch regnen, also werde ich wohl in Sapporo bleiben. Doch danach geht es
raus in den Norden. Sapporo hat sich heute trotz Regen wirklich von seiner
besten Seite gezeigt.
Das nenn ich doch mal einen erfolgreichen Tag. Ich sag doch, die Japaner lieben dich. Irgendwie kann ich die Bilder nicht anschauen. Sie werden zwar klein angezeigt, aber ich kann sie nicht zum anschauen anclicken.
AntwortenLöschenMoment, sie haben dir einen ipod GESCHENKT? Von nun an darfst du wirklich nichts negatives mehr verlautbaren lassen. Das ist ja unglaublich. Und ein normaler mp3 Player für 20€ hätte es nicht getan?
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