Dienstag, 15. Mai 2012

Sapporo, ein freundlicher Empfang


Ich werde nie wieder etwas gegen Japaner sagen. Ok, das ist vielleicht etwas zu hoch gegriffen, aber wenn ich mir das nächste Mal aufrege, dann ruft mir bitte diesen Tag ins Gedächtnis. Aber der Reihe nach.

Als ich mich morgens am Chitose Bahnhof in die Regionalbahn nach Sapporo werfe, schüttet es aus Kannen. Dies bedeutet zwar einerseits, dass es meinem Sonnenbrand immer besser geht, andererseits aber auch, dass mein Koffer auf dem Weg zum Bahnhof völlig durchnässt. Schließlich ist man als reisender Student mit Monsterkoffer grundsätzlich geizig und ignorant im Bezug auf Entfernungen. Die Regionalbahn schaukelt dann knapp 2 Stunden vor sich hin, und ich lerne so tolle Ort wie „Kami-Nopporo“ kennen. Irgendwie find ich den Namen lustig. Vor allem, weil er sich in der englischen Durchsage plötzlich in „KaMI NOpporo“ verwandelt.

In Sapporo angekommen, schleppe ich meinen Koffer erst einmal zur Touristeninformation. Dort ergattere ich eine Karte von Sapporo und treffe einen „Greeting Volonteer“, also praktisch einen Volontär, der Touristen in Sapporo begrüßt. Sowas müsste man in Deutschland auch mal einführen. Der nette Herr mit riesigem Rauschebart bringt mich dann sogar bis zu Big Camera. Mein iPod hat sich nämlich gestern Abend völlig verabschiedet, und nirgends habe ich auf meiner Reise wohl wieder so viele Möglichkeiten ihn zu ersetzen, wie in Sapporo. Also schleife ich mein riesiges rotes Koffermonstrum durch die Elektronikartikel und greife mir schließlich einen Mitarbeiter, der nicht schnell genug die Flucht ergreifen kann.

Als dieser sich dann mein Dilemma angehört hat, zeigt er mir nicht nur den Weg zum nächsten Apple Store, sondern –mit einem mitleidigen Blick auf meinen Koffer- auch noch den schnellsten Weg per öffentlichen Verkehrsmitteln zu meinem Hotel. Neuer Plan: Auf zum Hotel, Koffer abgeben, zum Apple Store und wieder Mitarbeiter volljammern. Auf dem Weg zum Hotel treffe ich dann wiedermal einen älteren Herren, der gar nicht müde wird zu erzählen, wie gern die Japaner seiner Generation uns Deutsche doch hätten. Und das „wir“ damals ja fast den Krieg gewonnen hätten. Ich rolle mit den Augen und verabschiede mich. Das Hotel ist klein aber fein. Leider hat es keinen Aufzug. Doch das ist kein Problem für mich, weil der Mann in der Lobby meinen Koffer bis zum Zimmer trägt. Auf halber Strecke fragt er mich noch, ob ich denn in dem Monstrum meinen Boyfriend versteckt hätte. Ich lache nur und meine, dass das alles nur Andenken sind.

Kofferlos und fast restlos glücklich geht es als nächstes zum Apple Store. Der Mitarbeiter am Eingang hat, wie es sich herausstellt, in Köln studiert und besorgt mir den nächsten freien Platz am Helpdesk. Dort kommt dann eine Japanerin auf mich zu, die erst einmal nur „No English“ von sich gibt. Ich sage ihr, dass wir dieses Gespräch auch auf Japanisch hinkriegen und schildere ihr mein Problem. Sie prüft meinen iPod auf Herz und Nieren, probiert all das, was ich auch schon probiert habe, und kommt schließlich leider zu der gleichen Diagnose. Kaputt. Nun verrät die Nummer meines iPods ihr leider, dass meine Garantie schon vor einem Jahr abgelaufen ist. Aber sie kann mir anbieten, die Festplatte des iPods gegen knapp 100 Euro auszutauschen. Immer noch 100 Euro billiger als einen neuen zu kaufen. Leider sei die Festplatte aber nicht im Geschäft auf Lager und müsste bestellt werden. Liefertermin ungewiss. Ich mache ein trauriges Gesicht, erzähle ihr von meiner Reise und jammere vor mich hin. Außerdem streue ich immer wieder mal ein „Komaru na…“ ein.

Sie nickt mir schließlich zu und meint, sie würde mal mit ihrem Vorgesetzten sprechen. Das tut sie dann auch, fast eine halbe Stunde lang. Schließlich stößt auch der Kölner Student zu den beiden und alle diskutieren anscheinend angestrengt. Leider kann ich nichts hören. Schließlich ist man jedoch augenscheinlich zu einer Entscheidung gelangt, und ich blicke in drei strahlende Augenpaare. Mit zwei Verbeugungen überreicht mir der Vorgesetzte einen nagelneuen iPod und zwinkert mir zu. Da der Standort mir nicht die erforderlichen Teile zur Reparatur bereitstellen kann, muss man mir LEIDER einen neuen iPod als Ersatz anbieten. Und da dies eine große Unannehmlichkeit für mich wäre, würde man mir dieses Gerät natürlich nicht in Rechnung stellen. Ich blinzele, greife mir den iPod, verbeuge mich geschätzte 20 Mal mit jeder Dankesfloskel, die ich irgendwo mal gehört habe, und verlasse den Laden, bevor die Mitarbeiter es sich noch anders überlegen.

Nun in bester Laune, mache ich mich noch einmal auf zur Touristeninformation. Fast eine Stunde lang plane ich dort mit den geballten Kräften der anwesenden Damen der Information meine weiteren Ausflüge. Der Zoobesuch, die Käsefabrik und das Glasbläserdorf stehen schon einmal. Morgen soll es aber leider noch regnen, also werde ich wohl in Sapporo bleiben. Doch danach geht es raus in den Norden. Sapporo hat sich heute trotz Regen wirklich von seiner besten Seite gezeigt.

2 Kommentare:

  1. Das nenn ich doch mal einen erfolgreichen Tag. Ich sag doch, die Japaner lieben dich. Irgendwie kann ich die Bilder nicht anschauen. Sie werden zwar klein angezeigt, aber ich kann sie nicht zum anschauen anclicken.

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  2. Moment, sie haben dir einen ipod GESCHENKT? Von nun an darfst du wirklich nichts negatives mehr verlautbaren lassen. Das ist ja unglaublich. Und ein normaler mp3 Player für 20€ hätte es nicht getan?

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