Ich habe einen Berg bestiegen. Zwar nicht den zunächst
geplanten Vulkan, doch ich habe es geschafft. Die Busfahrt zum See ist
ereignislos. Ich komme an, steige zum See hinunter und beschließe mit einem
Blick, dass mich keine 10 Pferde in eines der gräußlichen Schwanentretboote
kriegen. Zumindest nicht heute. Außerdem gibt es ja einen Berg zu bezwingen.
Nachdem die Touristeninformation gefunden ist, rückt dieses
Ziel jedoch in weite Ferne. Der Weg auf den Vulkan hinauf ist nämlich gesperrt.
Warum? Die Angestellte druckst zunächst herum, und gesteht schließlich, dass
ein Mitarbeiter vor zwei Wochen dort von einem Bären angefallen wurde. Nun
frage ich mich schon, ob sie immer noch die Blutspuren beseitigen, oder erst
einmal Gras über die Sache wachsen lassen wollen, bevor neue Beuteti… ich meine
Wanderer auf den Vulkan gelassen werden. Bär hin, Fahrrad her, auf diesen Berg
führt heute kein Weg. Auch die Mooshöhle ist bis Mitte Juni geschlossen. So
langsam nervt mich dieses Naturschutzgebiet.
Etwas zerknirscht frage ich, ob es heute einen erreichbaren
Berg gebe, der nicht gesperrt sei. Die Dame überlegt kurz, und verweist mich
schließlich an Nombetsu-date. Dieser Berg wäre zwar steiler als Tarumae und die
Aufstieg um einiges länger, doch durchaus in zwei Stunden zu schaffen. Ich
überlege kurz, und beschließe, dass irgendein Berg besser als gar kein Berg
ist. Was soll’s, wenn der Weg bis zur Spitze doppelt so lang ist wie der von
Tarumae, und um einiges steiler sein soll. Wie schlimm kann es schon werden?
Nach ein paar 100 Höhenmetern habe ich meine Antwort. Ich
habe keinerlei Kondition und meine letzte Bergwanderung ist inzwischen 6 Jahre
her. Wenn ich auf dem Weg nach oben sterbe, denke ich irgendwann trotzig, dann
sollten sie wenigstens einen Teil des Weges nach mir benennen. „Der röchelnde
Gaijin“ oder so. Dann überholt mich auch noch eine rüstige Rentnerin an die 70
nach 3 Kilometern. Das motiviert mich natürlich immens. Außerdem lese ich
zunächst die Schilder am Wegesrand völlig falsch. Ich denke, die obere Zahl ist
die Gesamtlänge der Strecke, und die untere Zahl mein zurückgelegter Weg. Aber
nein, als ich mich schon fast am Gipfel wähne, obere Zahl 2448 und untere Zahl
2400, wird mir plötzlich klar, dass die obere Zahl meine noch verbleibende
Strecke anzeigt. Also bin ich gerade mal bei 50%. Im Rückblick ist dieser
Fehler vielleicht sogar meine Rettung gewesen, sonst hätte ich schon viel
früher aufgegeben.
Mir kommen immer mal wieder ein paar Herren entgegen, die
sich durch ihre klimpernden Glöckchen ankündigen. Anscheinend um Bären zu
verschrecken. Also, wenn ich so ein Bär wäre, dann hätte ich doch irgendwann
raus, dass Glockenklimbim bedeutet, die Beute ist im Anmarsch. Nach 3,5km hätte
ich den Bär aber wahrscheinlich nicht mal mehr gesehen, so angestrengt starre
ich auf meine Füße um schön brav einen vor den anderen zu setzen. Zu der Zeit
geht mir dann auch das Wasser aus. Aber der Gipfel ist ja nicht mehr weit, und
da oben wird es doch irgendwas geben.
Fehlanzeige. Ich stehe schlussendlich völlig fertig auf dem
Gipfel, und finde mich in Begleitung der älteren Frau zwischen riesigen
Antennen wieder. Sonst gibt es hier oben nichts. Garnichts. Also mache ich mich
relativ schnell wieder an den Abstieg. Man beachte, dass die Fotos vom Abstieg
viel bessere Motive haben als die vom Aufstieg. Da suchte ich nämlich
eigentlich nur nach einer Ausrede, für ein paar Sekunden stehen zu bleiben.
Habe ich schon erwähnt, dass ich völlig und absolut unsportlich bin?
Zurück im Touristendorf setze ich mich mit einem Eis und
einem grünen Tee an den See. Und bemerke, dass ich mir diesmal das Gesicht
völlig verbrannt habe. Und es ist Sonntag, also hat in Chitose nichts auf. Ich
finde schließlich in einem 7/11 Nivea Creme und eine neue Sonnencreme, LSF 50
Superblock mit Weißgarantie. Na mal sehen, was das morgen wird. Ich werde
wahrscheinlich trotzdem nochmal zum Shikotsuko fahren, um mit einem der
hässlichen Tretboote über den See zu fahren. Chitose deprimiert mich selbst bei
blauem Himmel.
Ein Gruß hiermit an meinen super sportlichen und sowieso
topfitten Bruder. Du hast bei diesem Eintrag bestimmt herzlich lachen können.
Ich weiß, ihr hättet mich in Peru wahrscheinlich nach ein paar Stunden sterbend
am Wegrand zurückgelassen. ;)
Schöne Grüße zurück ;-)
AntwortenLöschenAber glaub mir ich kenne dein Leid! Irgendwann hat man das Berg-hoch-Laufen richtig satt.
Aber schon ein schönes Gefühl, wenn man oben ist oder?
LSF 50 ist ja quasi Alufolie in Tuben oder?