Chaos verfolgt mich anscheinend nicht nur, Chaos passt sich meinen neuen Lebensgewohnheiten völlig an. Aber sonst wäre das Leben hier vielleicht auch zu langweilig.
Heute will ich endlich meine Hausarbeit fertig bekommen, und bin, wenn auch noch nicht fertig, erstmal ein großes Stück weiter. Für den Abend habe ich mich mit Emily zum Essen gehen verabredet.W ir wollen mit unseren neuen Fahrrädern in die Stadt und uns ein schönes kleines Lokal suchen. Schließlich haben wir ausgemacht, einmal pro Woche zusammen gut essen zu gehen.
Ich studiere vorher nochmal vorsorglich den Stadtplan (Ok, anscheinend müssen wir auf die Hauptstraße, und die dann nach Süden immer weiter, bis wir auf die Shijo Dori treffen. Das sollte selbst für mich als Orientierungslosigkeit in Person und Landkartendreher irgendwie machbar sein.)
Wir treffen uns an der Haustür und schauen leicht verunsichert in den Himmel. Eigentlich ist ja immer noch Taifun, und eigentlich sollte es heute Abend regnen, aber diese kleinen Wattewolken da oben können doch nicht im Ernst Regen mit sich rumschleppen, oder? Nachdem Emily noch mal klar stellt: Für, uns, unsere Räder und Regenschirme ist definitiv kein Platz auf dem Bürgersteig, machen wir uns frohen Mutes auf den Weg. Und es macht wirklich Spaß. Kyôto ist fast durchgängig ebenerdig und es sind auch nicht zu viele Menschen auf den Straßen.
Irgendwann kommen wir in einer Shopping Meile an, die zwar nicht unser Ziel war, aber trotzdem gut aussieht, und bummeln etwas durch die Passagen. Da kommen auch die unendlichen Photo von Ladeninhalten her. Ich habe nichts gekauft, aber irgendwann ist das alles MEINS!
Dann fängt es an zu regnen. Also so ein leichter, noch angenehmer Nieselregen, der sich noch nicht ganz überlegt hat, was aus ihm mal werden soll, wenn er groß ist. Wir betreten ein extrem leckeres Laufbandsushi Restaurant und kümmern uns nicht weiter darum. Dort gibt es grünen Tee umsonst, jeder Teller kostet knapp 1,50 Euro und es sind Japaner über Japaner da (und ein paar Ausländer).
Ein freundlicher Japaner neben uns ist auch sehr gesprächig, und wir erfahren, dass er einen kleinen Fotographie Laden besitzt und ebenfalls an der Dôshisha studiert hat. Adressen werden ausgetauscht, unendlich viele leckere Sushi gegessen, und irgendwann ist es Zeit, aufzubrechen.
Doch leider hat sich der kleine Nieselregen von vor einer Stunde überlegt, was er mal werden möchte, und ist zu einem handfesten Taifunsturm herangewachsen. Was nun? Mit dem Bus dürfen wir die Fahrräder nicht transportieren, sie hier lassen könnte dazu führen, dass Kyôto sie abschleppt, und auch Taxifahrer würden uns nicht mitnehmen.
Also gibt es nur eine Möglichkeit: Augen zu und durch! Wir treten hastig aus dem Schutz des Restaurants, rennen zu den Fahrrädern und sind im nächsten Moment schon auf der Strecke, Der Regen scheint mit jeden Meter, den wir zurücklegen, stärker zu werden. Wasser rinnt mir zwischen Brille und Stirn entlang direkt in die Augen, Brillengläser beschlagen beidseitig und hinter mir keift Emily ununterbrochen vor sich hin.
Ich verstehe nicht alles, da sie irgendwann in einen Londoner Slang abgleitet, den selbst ich nicht mehr verstehen mag, doch bis dahin ist es ungefähr: Ich geh nie wieder mit dir irgendwo hin. Das hast du doch gewusst. Ich hab auch noch weiße Sachen an, und jeder Japaner glotzt mir auf den Hintern. Wenn ich Regen gewollt hätte, wäre ich in London geblieben... und so weiter und so fort.
An der nächsten Kreuzung versuche ich mich während einer kleinen Verschnaufpause zu rechtfertigen: Es ist doch nicht meine Schuld, dass es regnet. Glaubst du, ich hab heute Mittag zwei Kappa zum Essen eingeladen, damit die uns mal schön den Abend vermiesen? Oder vielleicht noch einen kleinen Regentanz aufgeführt?
Gerade, als ich mich so richtig schön in dieses Argument reinsteigern möchte, blitzt es neben mir. Nein, nicht im Sinne der Naturgewalt, sondern im Sinne einer Kamera. Eine neben uns sicher unter Regenschirmen stehende Truppe von Japanern hat ein Foto von zwei zankenden, pitschnassen Gaijin (Ausländern) auf Fahrrädern geschossen, die sich durch den Taifun kämpfen. In dem Moment fangen wir beide an schallend zu lachen.
Den Rest der Fahrt verbringen wir damit, uns auf Japanisch niederzumachen, von amüsierten Japanern fotografiert zu werden und bis auf die Knochen durchzuweichen. Im Wohnheim angekommen, werden noch schnell zwei Beweisfotos geschossen, bevor wir uns für heute trennen. Nur eine Sache will Emily noch loswerden: Das war so cool, machen wir bald wieder, oder? Ich nicke nur geschafft und freue mich auf eine heiße Dusche.
Nachtrag 1: Uhahaaaaaaaaaa! Und ratet Mal wer seine Literaturhausarbeit bestanden hat! *dance* *dance* *dance*
Nachtrag 1: Uhahaaaaaaaaaa! Und ratet Mal wer seine Literaturhausarbeit bestanden hat! *dance* *dance* *dance*
Leckere Sushi, da läuft mir gleich das Wasser im Mund zusammen. Papi hat interessiert die Messer und Steine gemustert. Glückwunsch zur bestanden Hausarbeit. War aber auch das mindeste, bei der vielen Arbeit. Bei uns hat es gestern auch den ganzen Tag geschüttet, allerdings war es auch noch ecklig kalt dazu.
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