Es ist kalt. Und zwar nicht etwa kalt im Sinne von: „Ich
habe mir einen kurzen Rock angezogen und wurde vom Winter überrascht“. Nein,
kalt im Sinne von: „Ich trage 2 Jacken, einen Rollkragenpullover und einen
Schal, und trotzdem zittere ich wie Espenlaub.“ Zum Glück gab es in dem Hotel
ein gutes Frühstück, während dem ich auch noch zwei Damen aus Shikoku
kennenlerne, die mich zu sich einladen. Die Mail-Adressen werden ausgetauscht,
und wir werden sehen, ob das was wird. Mein erster Eindruck von Chitose ist
jedoch aufgrund der Wetterlage getrübt. Dieser Eindruck revidiert sich auch
nicht, während ich mich –sturköpfig wie immer- zwanzig Minuten bergauf mitsamt
Koffer zum Hotel kämpfe. Getreu dem Motto: So weit, wie das auf der Karte
aussieht, kann das gar nicht sein. Oh doch, es kann.
Auf den Weg zum Hotel und wieder zurück zur Station begegnet
mir auch nichts, was meine Stimmung heben könnte. Vielleicht bin ich nach
Hakodate und Noboribetsu einfach zu verwöhnt. Aber Chitose ist eine typische
Stadt, in der es Alles und gleichzeitig Nichts gibt. Weder der Charme eines
Fischerdorfs, noch die Natur einer Bergstadt, und keinerlei Anzeichen von
irgendeiner geschichtlichen Signifikanz, die über „und dann haben wir einen
Flughafen da hin gebaut. Da war Platz.“ hinausgeht. Viele graue Betonklötzer,
ich könnte theoretisch in einer Betonwüste irgendwo auf der Welt stehen.
Die Touristeninformation ist leider auch nicht wirklich ein
Lichtblick am Ende des Tunnels. Es sagt viel über eine Stadt aus, wenn die
offiziellen Touristenbroschüren freudig verkünden, dass es hier einen
Chiropraktiker und einen Zahnarzt gibt. Chitose ist seit der Eröffnung des
Flughafens eine richtige Flughafenstadt geworden. Die Besucher bleiben über
Nacht vor dem Flug, oder geschäftlich für eine Konferenz. Also gibt es zwar Restaurants
in jeder Preisklasse und riesige Shopping Center, aber eben nichts „spezifisches“.
Oh doch, ich vergaß,… man hat ein Lachsmuseum.
Doch ich habe diesen Ort ja nicht um seiner selbst willen
ausgewählt. Sorry Chitose, aber du bist nur meine Eingangstür zum Shikotsuko
(See). Also schnappe ich mir einen der sehr netten Männer in der
Touristeninformation und plane meinen morgigen und übermorgigen Tag im
Naturgebiet. Zunächst bekomme ich einige gute Nachrichten. Morgen und übermorgen
soll es gegen Mittag aufklaren, und kein Regen soll fallen. Auch die Buszeiten
sind ok, ich komme zum kleinen Dorf am See morgens und abends wieder zurück
ohne Probleme. Doch dann gehen die Probleme los. Außer zu dem kleinen Dorf, gibt
es keine öffentlichen Verkehrsmittel. Das heißt der Vulkan Tarumae, die
Mooshöhle, und die andere Seite des Sees sind faktisch unerreichbar. Und zu
allem Überfluss wurde auch noch das Taxiunternehmen am See geschlossen, sodass
ich für ein Taxi von Chitose aus bezahlen müsste. Ganz zu schweigen von den
Problemen bei der Rückfahrt. Meine nächste Idee, der See selbst mit den vielen
Booten und Kreuzfahrten, entpuppt sich auch als Blindgänger. Die Fähren
schippern zwar munter über den See, doch an der anderen Seite aussteigen, kann
man nicht.
Schließlich werde ich leicht frustriert und zeige ihm meinen
Führerschein. Könnte ich damit ein Auto mieten? Er hängt sich an die Strippe
und findet heraus: Prinzipiell ja. Aber praktisch, nein. Ich bräuchte ein
amtliches Dokument, dass faktisch nur die Angaben auf meinem Führerschein ins
Japanische übersetzt. Dieses Dokument bekommt man auch in einigen Stellen, aber
es kostet schon allein 30 Euro. Und es ist nur 3 Monate gültig. Und, wir dürfen
den kleinen, völlig unwichtigen Fakt nicht vergessen, dass ich noch nie
Linksverkehr gefahren bin.
Meine übrigen Optionen sind: Im Dorf nach befahrzeugten
Japanern Ausschau halten und sie zwingen, mich mitzunehmen. Ein Fahrrad mieten
und die Strecke bis zu den Parkplätzen bergauf radeln (wie lange auch immer das
dauert). Oder solange die Luft anhalten bis irgendwas passiert.
Doch wie gesagt, die Leute in der Touristeninformation sind
sehr freundlich und wirklich hilfreich. Schließlich haben sie sogar einen guten
Restauranttipp auf Lager, den ich mir zum morgigen Sonntag gönnen werde. Ein
ehemaliger Pilot hat in Chitose ein Dschingis Kahn Restaurant aufgemacht.
Winziger Raum, in dem sich aber die Piloten gerne die Klinke in die Hand geben
und das Essen super sein soll. Knackpunkt? Der Chef kauft ein, und wenn das
Fleisch alle ist, macht er zu. Das kann eine, oder zwei Stunden, aber niemals
wirklich lange dauern. Hoffen wir, dass ich noch was abbekomme.
Ohne Auto ist das wirklich doof. Genau genommen ist es in Japan nicht mal mit einem internationalen Führerschein erlaubt zu fahren (obwohl einem nicht viel passiert, wenn man erwischt wird wurde uns gesagt)
AntwortenLöschenIch hoffe du findest noch einen fahrbaren Untersatz, der dich zum See bringt und ansonsten nichts wie weg aus Chitose. Für Trostlos hat es bis nach dem Urlaub Zeit.