Heute habe ich mir wirklich die Morgenzeremonie angetan. Um
5:55 Uhr. Doch die Mönche haben im ganzen Tempel schon seit 4 Uhr krach
gemacht, also ist an Schlaf sowieso nicht zu denken. Die Zeremonie ist
wunderbar, 10 Mönche, die Sutren singen sind schon wirklich etwas ganz
einmaliges. Leider heißt diese Zeremonie aber auch, dass ich eine ganze Stunde
auf im Kniesitz zubringen muss. Mit mir zusammen nehmen als Zuschauer noch ein
Besuchermönch und eine ältere Dame teil. Während der Mönch und ich Kraft unserer
Wassersuppe einige Probleme haben, die ganze Zeremonie auf Knien zuzubringen,
bleibt die Frau starr und eisern ohne eine einzige Bewegung sitzen. Das nenne
ich mal hart im nehmen! Nach der Zeremonie setzt sich ein Mönch zu uns und
erzählt uns noch eine sehr nette Geschichte. Ich mache mich dann gegen 8 auf
den Weg zu den zwei letzten Stätten meiner Liste. Als erstes geht es wieder bis
zum Eingang Kôya-sans, wo ein Tempel für Frauen steht. Wir weiblichen Wesen
waren den Mönchen nämlich anscheinend überhaupt nicht geheuer, und durften
lange Zeit die heiligen Stätten überhaupt nicht betreten. Diese Tempel wurden
an allen Eingängen des Kôya-san errichtet, um den Frauen einerseits einen
alternativen Ort des Gebets zu geben, und andererseits sicher zu stellen, dass
sich wirklich kein weibliches Wesen in die Anlage schlich.
Außerdem besuche ich die Grabmäler vom dritten Reichseiniger
Tokugawa Ieyasu und seines Sohns. Beide sind nun nicht wirklich spektakulär, da
eingezäunt und versteckt.
Zurück in meinem Übernachtungstempel werde ich von gleich 10
jungen Mönchen begrüßt, die alle meinen Koffer aus dem Zimmer tragen wollen.
Wie soll das denn jetzt funktionieren? Am Ende setzt sich einer durch und die
anderen begnügen sich damit, am Eingang auf uns zu warten. Bei meinem Auszug
aus… dem Tempel schaue ich noch einmal zurück und sehe alle Mönche kniend auf
den Eingangsstufen betend. Ob die ihren Tempel von dem Gaijin reinigen oder für
meine sichere Heimkehr beten, wird für immer ihr Geheimnis bleiben. Nett sind
sie trotzdem alle gewesen.
Die Weiterfahrt nach Kyôto ist strapaziös. Mit dem Bus zu
Kôyasan-eki, mit der Kabelbahn runter zum Fuß des Berges, mit dem Zug nach
Hashimoto, von Hashimoto nach Shinimamiya, weiter nach Ôsaka, und dann endlich
mit dem Zug nach Kyôto. Die Reise ist vor allem deswegen stressig, weil die Rolltreppen-etiquetten-Linie
direkt durch Kyôto Hauptbahnhof verläuft. Nördlich von Kyôto (also in Tôkyô und
Hokkaidô), stellen sich die Personen auf die linke Seite der Rolltreppe,
während rechts von ihnen die Ungeduldigen vorbei hechten. SÜDLICH und in Kyôto
(also auch Großraum Ôsaka), stehen die Menschen auf der RECHTEN Seite, während
links die Leute laufen. Mit einem Riesenkoffer in der besten Rushhour ist nicht
der Zeitpunkt, um die richtige Etiquette der betreffenden Station
herauszufinden. Stress pur!
In Kyôto werde ich zum Glück von Sarah in Empfang genommen.
Es kommt mir vor, als wäre ich endlich zuhause. Auch wenn es schwülwarm ist.
Wir gehen zu meiner Vermieterin, besichtigen mein neues Zimmer, essen
israelisches Essen (lecker!), kaufen das nötigste ein und gehen dann in das
öffentliche Badehaus des Viertels. Jetzt werde ich mich erst einmal etwas
entspannen.
Ja, so ein Tempelgebiet im Gebirge ist nicht unbedingt einfach zugänglich. Aber das anstrengendste war wahrscheinlich deinen Koffer immer mit dabei zu haben.
AntwortenLöschenIch habe damals ja alles von Osaka und Kyoto aus gemacht. Mit dem Railpass steigt man einfach in den Shinkansen und ist überall super schnell. Den Luxus hast du nicht.