Donnerstag, 31. Mai 2012

Zurück in Kyôto


Heute habe ich mir wirklich die Morgenzeremonie angetan. Um 5:55 Uhr. Doch die Mönche haben im ganzen Tempel schon seit 4 Uhr krach gemacht, also ist an Schlaf sowieso nicht zu denken. Die Zeremonie ist wunderbar, 10 Mönche, die Sutren singen sind schon wirklich etwas ganz einmaliges. Leider heißt diese Zeremonie aber auch, dass ich eine ganze Stunde auf im Kniesitz zubringen muss. Mit mir zusammen nehmen als Zuschauer noch ein Besuchermönch und eine ältere Dame teil. Während der Mönch und ich Kraft unserer Wassersuppe einige Probleme haben, die ganze Zeremonie auf Knien zuzubringen, bleibt die Frau starr und eisern ohne eine einzige Bewegung sitzen. Das nenne ich mal hart im nehmen! Nach der Zeremonie setzt sich ein Mönch zu uns und erzählt uns noch eine sehr nette Geschichte. Ich mache mich dann gegen 8 auf den Weg zu den zwei letzten Stätten meiner Liste. Als erstes geht es wieder bis zum Eingang Kôya-sans, wo ein Tempel für Frauen steht. Wir weiblichen Wesen waren den Mönchen nämlich anscheinend überhaupt nicht geheuer, und durften lange Zeit die heiligen Stätten überhaupt nicht betreten. Diese Tempel wurden an allen Eingängen des Kôya-san errichtet, um den Frauen einerseits einen alternativen Ort des Gebets zu geben, und andererseits sicher zu stellen, dass sich wirklich kein weibliches Wesen in die Anlage schlich.

Außerdem besuche ich die Grabmäler vom dritten Reichseiniger Tokugawa Ieyasu und seines Sohns. Beide sind nun nicht wirklich spektakulär, da eingezäunt und versteckt.

Zurück in meinem Übernachtungstempel werde ich von gleich 10 jungen Mönchen begrüßt, die alle meinen Koffer aus dem Zimmer tragen wollen. Wie soll das denn jetzt funktionieren? Am Ende setzt sich einer durch und die anderen begnügen sich damit, am Eingang auf uns zu warten. Bei meinem Auszug aus… dem Tempel schaue ich noch einmal zurück und sehe alle Mönche kniend auf den Eingangsstufen betend. Ob die ihren Tempel von dem Gaijin reinigen oder für meine sichere Heimkehr beten, wird für immer ihr Geheimnis bleiben. Nett sind sie trotzdem alle gewesen.

Die Weiterfahrt nach Kyôto ist strapaziös. Mit dem Bus zu Kôyasan-eki, mit der Kabelbahn runter zum Fuß des Berges, mit dem Zug nach Hashimoto, von Hashimoto nach Shinimamiya, weiter nach Ôsaka, und dann endlich mit dem Zug nach Kyôto. Die Reise ist vor allem deswegen stressig, weil die Rolltreppen-etiquetten-Linie direkt durch Kyôto Hauptbahnhof verläuft. Nördlich von Kyôto (also in Tôkyô und Hokkaidô), stellen sich die Personen auf die linke Seite der Rolltreppe, während rechts von ihnen die Ungeduldigen vorbei hechten. SÜDLICH und in Kyôto (also auch Großraum Ôsaka), stehen die Menschen auf der RECHTEN Seite, während links die Leute laufen. Mit einem Riesenkoffer in der besten Rushhour ist nicht der Zeitpunkt, um die richtige Etiquette der betreffenden Station herauszufinden. Stress pur!

In Kyôto werde ich zum Glück von Sarah in Empfang genommen. Es kommt mir vor, als wäre ich endlich zuhause. Auch wenn es schwülwarm ist. Wir gehen zu meiner Vermieterin, besichtigen mein neues Zimmer, essen israelisches Essen (lecker!), kaufen das nötigste ein und gehen dann in das öffentliche Badehaus des Viertels. Jetzt werde ich mich erst einmal etwas entspannen.

1 Kommentar:

  1. Ja, so ein Tempelgebiet im Gebirge ist nicht unbedingt einfach zugänglich. Aber das anstrengendste war wahrscheinlich deinen Koffer immer mit dabei zu haben.

    Ich habe damals ja alles von Osaka und Kyoto aus gemacht. Mit dem Railpass steigt man einfach in den Shinkansen und ist überall super schnell. Den Luxus hast du nicht.

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